Fritz-Brandt-Rennen: Vierter Triumph für Thomas Royer
Der mehrfache österreichische Staatsmeister führt den Hengst My Way Fortuna zu einem überlegenen Sieg im Amateurklassiker.
Der Umschwung von nasskaltem und grauem Wetter hin zu einigen zaghaften Sonnenstrahlen trat zwar erst zur Mitte der Veranstaltung hin ein. Für den ersten bedeutenden Klassiker der Berliner Trabersaison 2024 hätten sich die Organisatoren daher natürlich bessere äußerliche Bedingungen gewünscht. Aber dennoch strömten zu dem von vielen bunten Familienaktionen und dem Auftakt der MiniTraber-Challenge begleiteten Ereignis zahlreiche und vor allem zuvor noch nie dort gewesene Zuschauer auf die Derby-Bahn. Das Publikum sorgte mit lautstarkem Jubel und begeisterten Anfeuerungsrufen bei allen Aktiven für eine euphorische Stimmung. Und genau diese mentale Unterstützung hatten sich die Sportler in der Tat verdient. Denn die auf der Sandpiste von Mensch und Tier dargebotenen Leistungen waren phänomenal. Vor allem die Amateurfahrer sorgten an „ihrem“ Tag für ein wirklich erstklassiges Niveau. Sie hatten nämlich nicht nur in dem mit einschließlich der beiden Vorläufe mit insgesamt 18.000 Euro dotierten Fritz-Brandt-Rennen, sondern auch im Rahmenprogramm alles aus ihren Ställen an den Start gebracht, was Rang und Namen besaß.
Der 1. Vorlauf des Klassikers war von einigen Turbulenzen geprägt. Alleine schon das Finish war überaus spektakulär, denn noch zu Beginn des Einlaufs sah die Entwicklung der Ereignisse für den 2,7-Favoriten My Way Fortuna (Thomas Royer) nur wenig vielversprechend aus. Doch dann öffnete sich für den Hengst innen eine Lücke und er marschierte mit Siebenmeilenstiefeln zum vermeintlichen Erfolg. Thomas Royers Freude wehrte allerdings nur kurz – denn unmittelbar nach der Zieldurchfahrt wurde eine Überprüfung durch die Rennleitung verkündet. Und tatsächlich: Die Entscheidung fiel am grünen Tisch. Denn wenig später wurde die von Nick Schwarma gesteuerte Misty Dragon, die den Zielpfosten in 14,3/1.900m als Zweite denkbar knapp vor Arionas BE (Thomas Maaßen) passiert hatte, zur Siegerin erklärt. Die Begründung der Stewards: Thomas Royer hatte aus ihrer Sicht auf der Gegenseite durch einen zu späten Fahrwechsel nach außen unberechtigter Weise Arionas BE in die dritte Spur abgedrängt, aus der dieser fortan nicht mehr wegkam.
Der 2. Vorlauf gestaltete sich mindestens ebenso aufregend. Denn im Schlussbogen hatten sich der unterwegs stets führende Perfect Dream (Tom Karten) und der außen angreifende und zu diesem Zeitpunkt klar besser gehende Sir Robert (Sarah Kube) bereits deutlich vom Feld abgesetzt, als die Sulkyräder beider Gespanne plötzlich zusammenhingen und die Führenden quasi auf der Stelle traten. Stattdessen kamen nun andere Teilnehmer zum Zug. Der von Caroline Gentz pilotierte Othello PS sprintete in großen Schritten heran und fing den innen positionierten Ido d’Agice (Bernd Schrödl) in 14,6/1.900 m gerade noch rechtzeitig mit einer Halslänge Vorsprung ab. Die Plätze drei und vier gingen an Eye Catcher C (Emma Stolle) sowie Castello Byd (Peter Platzer), während der große Pechvogel des Vorlaufs, nämlich Sir Robert) noch hauchdünn den fünften Rang und damit wenigstens die Finalteilnahme ergatterte.
Während die beiden Qualifikationen also geradezu dramatisch verlaufen waren, gestaltete sich das Finale im Grunde genommen eher langweilig. Denn dort war My Way Fortuna vom Fleck weg derartig dominant, dass zu keinem Zeitpunkt auch nur die geringste Spannung aufkam. Thomas Royer servierte dem von Josef Franzl mit tatkräftiger Unterstützung von Josef Sparber für die Farben der Besitzergemeinschaft Dürr/Reber/Werner trainierten Hengst von der 2.000-Meter-Grundmarke aus einen blendenden Start und damit waren sämtliche Weichen frühzeitig gestellt. Der stets im Windschatten von My Way Fortuna befindliche Arionas BE (Thomas Maaßen) sowie der mit 20 Meter Zulage bedachte und fein finishende Othello PS (Caroline Gentz) bemühten sich zwar. Aber sie besaßen gegen den in 1:15,8 min. auftrumpfenden Sieger nicht den Hauch einer Chance und belegten lediglich die Plätze zwei und drei. Für Thomas Royer nahm der Trip nach Berlin nach der Zurücksetzung im Vorlauf also doch noch ein glückliches Ende und er durfte sich nach 2011, 2014 und 2022 über seinen vierten Triumph im Fritz-Brandt-Rennen freuen.
Die Ergebnisse der weiteren Amateurprüfungen der Veranstaltung: André Pögel bewies einmal mehr seine ganze fahrerische Klasse durch einen Sieg mit Lady Million. Obwohl die Stute nur für 8,7-faches Geld gehandelt wurde, agierte die Braune nach einem Idealverlauf als zweites Pferd innen und einem famosen Endspurt unter Rekordverbesserung auf 15,8/1.900m bärenstark. Ebenfalls in absoluter Topform agierte die von Dr. Marie Lindinger vorgestellte Imagine Dragons, die vom äußersten Startplatz 8 aus sofort Vollgas gab und ihre alte Rekordmarke um 1,2 Sekunden auf 16,5/1.900m steigerte. Besonders viel scheint sich Versace Diamant für diese Saison vorgenommen zu haben. Mit seinem Besitzer Tom Karten im Sulky blieb der Wallach auch beim dritten diesjährigen Start ungeschlagen und übernahm noch auf der Startgeraden das Kommando, das er in 14,2/1.900m nicht mehr abgab.
Den Reigen der den Profis vorbehaltenen Rennen eröffnete Michael Nimczyk mit einem Pferd, das als Tipp des Tages alle hohen Erwartungen sogar noch übertraf. Keine Frage: Obwohl der Wallach Trogir vom Äußeren her wahrlich kein Riese ist, besitzt er die Kraft eines Giganten. Bei seinem siebenten Sieg hintereinander stürmte der Dunkelbraune Mitte der Gegenseite an die Spitze und deklassierte seine Gegner in 14,4/1.900m mit Weile-Vorsprung. Der Goldhelm punktete wenig später erneut für den Berliner Stall Tippel Tom. Und zwar in dem mit 6.000 Euro Preisgeld überaus lukrativ dotierten zweiten Lauf der Newcomer-Serie mit Tantris, der nach einem Idealverlauf im Windschatten der führenden Sahara E Type (Dennis Spangenberg) auf der Zielgeraden eiskalt zuschlug und in 14,4/1.900m mit zweieinhalb Längen Vorsprung an der Kontrahentin vorbeizog.
Zu den Pferden, die an diesem Tag sehr für sich einzunehmen wussten, gehörte zweifellos auch der von Josef Franzl präsentierte Take Five. Der vierjährige Wallach lieferte ein hervorragendes Debüt ab und siegte in 16,1/1.900m mit drei Längen Vorsprung völlig unangefasst Start-Ziel. Ganz anders, nämlich aus dem Mittelfeld heraus, punktete Reine des Neiges mit Alexander Kelm. Die Stute lag zunächst an vierter Position und drehte dann im Einlauf in 14,6/1.900m mächtig auf. Mit Fend d’Ukraine schlug Alexander Kelm bei seinem zweiten Tagestreffer dagegen eine völlig andere Taktik ein und gewann von der Spitze aus. Gegen den Verfolger Dalton du Demon (Michael Nimczyk) musste sich Fend d’Ukraine zwar im Endkampf noch ins Zeug legen, gab den Vorteil aber nicht mehr preis.
Damit verglichen ließ sich Dennis Spangenberg mit Majestic wesentlich länger Zeit und gab dem Fünfjährigen, der 15,5/2.020m trabte, erst auf der Zielgeraden das entscheidende Zeichen. Innerhalb weniger Meter erarbeitete sich Majestic dennoch zwei Längen Vorsprung und gewann vom Stil her völlig überlegen. Nach längerer Pause fand auch endlich einmal wieder ein Trabreiten statt, das zur Beute von Marlene Matzky und Heavenly Dreamgirl wurde. Die Stute verbesserte sich auf der Gegenseite an die zweite Position und rückte dem 20 Meter günstiger gestellten Störtebeker (Ronja Walter) immer dichter auf den Pelz. Als der Kontrahent die korrekte Gangart nicht mehr halten konnte, war für Heavenly Dreamgirl der Weg zu einem mit Weile-Vorsprung erzielten Erfolg frei.
Gesamtumsatz: 192.605,40 Euro. Bahnumsatz: 70.204,15 Euro. Außenumsatz: 122.401,25 Euro.