Die Kleinste ist die Größte
Die von Michael Nimczyk präsentierte Sunset boulevard beherrscht den mit 20.000 Euro dotierten Lauf der Gold-Serie. Der Dreijährigen-Cup geht an Navajo MH und Marciano Hauber, der außerdem noch zwei weitere Prüfungen gewinnt.
Genau drei Wochen nach dem Derby erwachte die Tempelhofer Piste mit einem Zehn-Rennen-Programm aus der kurzen Ruhepause. Bei herrlichstem Sommerwetter konzentrierte sich das öffentliche Interesse vor allem auf den fünften Lauf der Gold-Serie. Sieben Teilnehmer traten in dem mit 20.000 Euro dotierten Rennen an. Auf der 2.500-Meter-Distanz roch es lange nach einem Volltreffer für den 1,5-Favoriten Bayard (Robbin Bot). Denn der Ready Cash-Sohn hatte Ende der ersten Gegenseite das Kommando bekommen und unterwegs problemlos das Tempo aus der Partie nehmen können, um sich wichtige Reserven aufzusparen. Doch obwohl der Sechsjährige die Pace im Schlussbogen auf stolze 09,8 forcierte, blieben seine Gegner dran. Bayard wehrte sich zwar tapfer, aber aus der Ideallage als viertes Pferd außen heraus besaß Major Ass (Victor Gentz) zu Beginn der Zielgeraden einen ganz starken Moment und der Sieg schien für den Wallach bereits in Griffweite zu liegen.
Aber damit war die Entscheidung noch längst nicht gefallen. Denn noch weiter außen setzte sich nun Sunset boulevard mit Michael Nimczyk grandios in Szene. Der Champion hatte sich mit Karin Walter-Mommerts Vorzeigestute geradezu provozierend lange Zeit gelassen und hatte die nur an fünfter Position gelegene Braune erst nach fast zwei Kilometern zum Angriff beordert. Doch was dann folgte, war einfach phänomenal und die kleinwüchsige Vierbeiner-Lady mit dem riesigen Kämpferherz bewies einmal mehr, was in ihr steckt. In 13,9/2.500m flog Sunset boulevard schnell wie ein Pfeil an Major Ass und Bayard vorbei und ließ ihren ständigen Begleiter bei der anschließenden Ehrung über beide Backen strahlen. Michael Nimczyk: „Sunset boulevard begeistert uns jedes Mal von Neuem – vor dieser Stute kann man wirklich nur den Hut ziehen!“ Der Goldhelm dufte sich außerdem noch über einen weiteren Treffer freuen. Runde zwei Jahre nach seinem ersten vollen Erfolg klappte es endlich wieder mit einem Sieg für New Horizons. Der Wallach hatte sofort die Führung übernommen und löste sich im Einlauf spielerisch von seinen Verfolgern.
Die Geschichte des zweiten Hauptereignisses – des mit 10.000 Euro dotierten Dreijährigen Cup – ist schnell erzählt. Die Mariendorfer Piste wurde zur Bühne von Marciano Hauber und Navajo MH. Der niederländische Profi beorderte seinen Schützling von der Position 8 aus an Torino (Josef Franzl) vorbei sofort an die Spitze. Und das war es dann auch schon, denn diese Reihenfolge blieb bis zur Ziellinie unverändert erhalten. Als Torina zu Beginn des Einlaufs Freiraum fand, versuchte der Derby-Sieger mit seiner Stute zwar noch einen Konter – der 15,1/1.900m trabende Navajo MH blieb davon aber unbeeindruckt und gewann mit anderthalb Längen Vorsprung.
Marciano Hauber hatte unmittelbar zuvor schon einen Sieg gefeiert. Obwohl es auf den letzten Metern durch die vehement nachsetzende Crazy Cat (Roman Matzky) noch ein wenig spannend wurde, war auch der Erfolg mit Maharani frühzeitig in trockenen Tüchern. Denn die Stute, die sich eine Runde vor dem Ziel die Führung gesichert hatte, setzte sich ausgangs der letzten Kurve mit drei, vier Längen von ihren Verfolgern ab und zehrte von diesem Vorsprung bis zur Ziellinie. Mit einem weiteren Treffer durch George Gentley Mo avancierte Marciano Hauber dann endgültig zum Mann des Tages. Der Maharajah-Sohn ging aus dem trotto.de-Bogen heraus nach vorne und gewann mit zwei Längen Vorsprung überaus leicht.
Der Renntag begann mit einer aus drei Bändern gestarteten Prüfung für französische Traber. Das meiste Vertrauen genoss trotz Höchstzulage Beau de la Vitard (Ronald de Beer), der zweifellos auch eine gute Rolle spielte, mit einer knappen Länge Rückstand aber den 20 Meter besser gestellten Impressive Ti (Alexander Kelm) vor sich dulden musste. Der Wallach war eine gute halbe Runde vor dem Ziel in die zweite Spur gewechselt und zog fein durch. Zweieinhalb Stunden später durfte Alexander Kelm auch mit Reine des Neiges auf die Ehrenrunde gehen, obwohl die Stute den Zielpfosten hinter ihrem Trainingsgefährten Netflix (Thorsten Tietz) eigentlich nur als Zweite passiert hatte. Aufgrund unreiner Gangart wurde Netflix allerdings nachträglich disqualifiziert.
Einen der Glanzpunkte der Veranstaltung setzte die Lasbeker Stute Scala in der Hand ihres Trainers Josef Franzl. Die aufgrund ihrer häufigen Rossigkeit nicht immer ganz einfache Vierjährige legte los wie die Feuerwehr – ihr Start-Ziel-Sieg in der Tagesbestzeit von 12,3/1.900m war eine regelrechte Demonstration. Auf der Zielgeraden ging die Muscle Hill-Tochter mit sechs Längen Vorsprung auf und davon und lediglich der im ersten Bogen durch eine Galoppade gehandicapte Free Bird (Michael Nimczyk) konnte noch einigermaßen den Anschluss halten.
Seinen zweiten Erfolg hintereinander feierte Readly Passion. Nach dem WM-Auftritt mit Hanna Huygens saß diesmal sein Trainer Rolf Hafvenström im Sulky, der auf der Startgeraden beinahe schon die Spitze ergattert hatte. Aufgrund einer kleinen Unsicherheit musste der Schwede seinen Schützling aber noch einmal aufnehmen und so zog Readly Passion erst eine Runde vor dem Ziel endgültig in Front. Im Anschluss agierte der Fünfjährige dann aber sehr souverän und gewann sehr sicher. Überaus locker fiel auch der Erfolg von Linda Matzky und Lion Greenwood im einzigen Amateurfahren der Veranstaltung aus. Der familieneigene Wallach bestimmte das Geschehen in jeder Phase des Rennens. Ausgangs der letzten Kurve kamen seine Konkurrenten zwar etwas dichter heran – dies aber nur für wenige Sekunden, denn im Einlauf löste sich der Dunkelbraune geradezu spielerisch von den Verfolgern.
Gesamtumsatz: 126.756,77 Euro. Bahnumsatz: 38.314,10 Euro. Außenumsatz: 88.442,67 Euro.