Derby-Meeting Tag 2: Die Nachschau!
Vorläufe zum 125. Traber-Derby: Nur einer der Gesetzten strauchelt – Keytothehill in der Königsrolle – Cunningham sorgt für die Überraschung – Arnold Mollema als Trainer auch im Auktionsrennen – Indio Corner lässt den Toto wackeln – perfektes Debüt von Cindy Truppo
(MW) Es ist angerichtet für das höchstdotierte deutsche Trabrennen des Jahres, das in zwei Wochen zum 125. Mal ausgetragene Derby. Was die Ladys am Samstag vorexerziert hatten, setzte sich in den vier Vorläufen mit 34 Hengste und Wallache - keine Stute wagte es, mit ihnen die Klingen zu kreuzen - fort: Die Gesetzten hielten sich bis auf eine Ausnahme an die Einschätzungen des Veranstalter-Gremiums und machten mit den vermeintlichen Underdogs „tabula rasa“. Lediglich in Vorlauf 3 tanzten gleich beide möglichen Sieganwärter komplett aus der Reihe und verpassten nach einem Dauerduell an der Spitze als Vorletzter (Hidalgo Heldia) und Letzter (Jonny Hill) sogar das Finale sonnenklar. Fürs Team Nimczyk war dieser Schaden kein gar so kapitaler, denn dafür sprang Robbin Bot mit der zweiten Farbe Cunningham - am Toto war’s gar nur der achte und letzte Kandidat - in der engsten Ankunft in die Bresche.
Im Blauen Band am 20. September, in dem es je nach Anzahl der Trostläufe fürs Stuten-Derby um 205.000 bis 212.000 Euro gehen wird, ist der deutsche Trainerchampion Wolfgang Nimczyk als Einziger mehrfach vertreten: Straight Flush, Cunningham und Venture Capital heißen seine drei Musketiere, die gegen eine Rotte von neun „Einzelkämpfern“ antreten werden. Einer wird dann auf der „Setzliste“ von Experten und Wettern haushoch über den Anderen thronen: Keytothehill. Bedurfte es überhaupt noch eines Beweises, dass der Weg zum Lorbeerkranz nur über den von Arnold Mollema vorbereiteten Hengst führt, so wurde der auf fast schon brutale Weise geliefert. Kompromisslos zeigte Heinz Wewering der Konkurrenz, wie hoch der Hammer hängt, kreuzte in der mit Abstand schnellsten Zeit aller Vorläufe, die sogar Tagesbestzeit war, die Linie mit dem Braunen, der alles mitbringt, was ein Klassepferd auszeichnet: das nötige Phlegma, ein ökonomisches Gangwerk und die Bereitschaft, ein Schippchen draufzulegen, wenn ein Gegner anklopft.
Die Vorläufe
Nur
einen mit 1:14,6 etwas zügigeren Sonntagnachmittagspaziergang hatte in Vorlauf 1 der gesetzte Wild West Diamant zu
erledigen, der nach vier Ehrenplätzen endlich den ersten Saisonsieg landete. Am
Start war der Muscle-Hill-Sohn noch nie der schnellste, und so kam der zum
Geldwechsel-Kurs von 10:10 antretende Dunkelbraune nur als Vierter unter. Sofort
von Robin Bakker auf „Vormarsch“ gepolt, knöpfte er ausgangs der ersten Biege
King of Greenwood den Taktstock ab, war fortan auf jedem Zentimeter überlegene
Ware und markierte mit mäßigen 1:14,6 den ersten Maßstab. In dem durch Galoppaden
enorm dezimierten Feld rundete der innen unauffällig mitlaufende Pergamon S als
Dritter den totalen Triumph der in Holland vorbereiteten Kandidaten ab.
Nicht
minder gnadenlos, jedoch deutlich zügiger zertrümmerte in Qualifier 2 Keytothehill die Konkurrenz auf seinem Weg zur
dreifachen Krone. Heinz Wewering ließ sich von den beiden Blitzstartern Gold
Cap BR und Eagle in the Sky nicht flachsen, machte sofort Dampf, brauchte aber
bis zur ersten Passage des Zielschilds, um das Gold Cap zu umsegeln. Danach
gab‘s kein Halten mehr für den haushohen Favoriten mit dem raumgreifenden
Geläuf, der ein sanftes Ruhekissen für all jene war, die über ihn an ein Los
für die große Prämienausspielung zu kommen gedachten. 1:12,5 war ein deutlich
vernehmbares Signal Richtung Konkurrenz, wobei der mit einer Bierruhe gesegnete
Hengst noch nicht mal von den Ohrenstöpseln befreit wurde: „Das behalten wir
uns vor, wenn’s wirklich mal eng werden sollte“, griente „HW“. Bestens
verkaufte sich Venture Capital, der hinter Gold Cap BR ganz sicher Finalplatz
drei buchte.
Komplett
über den Haufen geworfen wurden die Prognosen der Auguren in Vorlauf 3, obwohl der gesetzte Jonny
Hill ratzfatz ins Kommando flitzte und der bei vier Auftritten in Schweden
unbezwingbare Hidalgo Heldia sich ebenso zügig an seine Seite legte und ein
scharfes Tempo einforderte. 500 Meter vorm Ziel kam Hidalgo, seit drei Monaten wegen
gesundheitlicher Probleme nicht am Ablauf gewesen, aus dem Tritt. Von Pippo
Gubellini meisterhaft auspariert, setzte er den Druck fort, doch an der letzten
Ecke machte sich die fehlende Matchpraxis bemerkbar. Wie er hatte auch Jonny
Hill nichts draufzusatteln, als die Speedpferde aufrüsteten. Am Ende entschied
ein „Kopf“ zugunsten Cunninghams und
Robbin Bots und gegen den am Ende enorm zulegenden Black Jack (beide 1:14,0) sowie
den sich durchs Feld schlängelnden Because you love me.
In
der 4. Elimination wurde Straight
Flush seiner enormen 17:10-Wertschätzung vollauf gerecht. Es gab für die
Anhänger des sofort in Front spritzenden kleinen Hengstes nur eine
Schrecksekunde, als er nach 600 Metern urplötzlich ob eines Werbebanners stutzte.
Michael Nimczyk bügelte das sofort aus, der Braune lag wieder wie ein Brett und
war allzeit bereit für die Herausforderung durch Peter Untersteiners
1:11,2-Traber Toto Barosso, der ihn nicht aus den Fängen ließ, aber auch nicht
vorbeikam. Straight Flush hatte stets die passende Antwort parat und gewann
sicherer, als der Abstand von einer halben Länge aussagen mag. Eine lange
„Weile“ zurück wurde sicherheitshalber die Technik zu Rate gezogen, die einen „Kopf“-Vorteil
zugunsten Dream Fashions und gegen Ken Bull offenbarte. 1:14,3 war das letzte
Vorlauf-Wort.
Europabummler im
Vierjährigen-Auktionsrennen
In
niederländischer Hand war das Equine-Auktionsrennen um 30.000 Euro für all jene
Vierjährigen, die bei der Derby-Jährlingsauktion 2017 in den Ring gekommen
waren. Jaap van Rijn scheute sich nicht, Arnold Mollemas heuer noch sieglosen
Derby-Sechsten Juan Les Pins außen
herum einzusetzen und fuhr damit goldrichtig. In starken 1:13,0 machte sich der
Schwarzbraune ganz leicht frei vor Ikarus Love und Bavaro zum dritten
Volltreffer einer Laufbahn, die ihn auch schon nach Dänemark, Frankreich und -
bei der Entourage fast selbstverständlich - in die Niederlande geführt hat.
Noch leichter hatte es Julnick Shark, der im Pokal der Vier- und Fünfjährigen eine Klasse für sich war und nur einen bangen Moment zu überstehen hatte, als er sich unmittelbar vorm zweiten Bogen zu einer kurzen Rochade mit Instagramm verabredete. Eingangs der Überseite wieder vorn, brauchte Jochen Holzschuh den „Hai“ nur auf gerader Linie zu halten, um den größten, 3.500 Euro wertvollen Happen vom Prämienkuchen abzubeißen.
Zumindest
an den ersten Beiden hätte der lange Zeit in Italien aktive Gerhard Krüger als Namensgeber des
ersten Zweijährigen-Rennens dieser
Saison seine helle Freude gehabt. Besonders an Cindy Truppo, mit der Thorsten Tietz nach Avena Jet eine weitere vielversprechende
Maharajah-Tochter bei einer italienischen Jährlingsauktion an Land gezogen hat.
Von der „8“ legte sie nicht los wie eine Debütantin, sondern wie eine Alte, fegte
wie der Blitz nach vorn, wechselte dort das Tempo nach Belieben ihres Ausbilders
und legte ein Päckchen drauf, als der einzig ihr auf den Fersen bleibende Lord
Bianco sie im Einlauf kippen wollte. 1:15,8 lautete die erste Marke der
unkomplizierten, abgeklärten Braunen, mit der es vielleicht im Jugend-Preis ein
Wiedersehen gibt. „Das entscheidet sie ganz allein“, war Tietz hochzufrieden
mit seiner Musterschülerin, die die ersten 4.400 Euro ihres 27.000-Euro-Preises
amortisiert hat.
Im
Derby-Pokal der Steher hatte Horatio Fortuna den längsten Atem, mit
dem sich Jaap van Rijn bei der erstbesten Gelegenheit aus der kniffligen
Innenspur mogelte, sich auf den Weg zu Spitzenreiter Place Royal vortankte, den
Fuchs zu Beginn der Zielgeraden noch einmal kurz in dessen Windschatten Luft
schnappen ließ und ihm dann ganz leicht den Garaus machte.
Zum
Auftakt des sonnenüberfluteten Nachmittags war zwar der nach 600 Metern in
Front gezogene Omega Man das klar
stärkste Pferd, trabte aber in den Bögen nicht glockenrein und hätte sich über
eine nachträgliche blaue Karte nicht beschweren dürfen. Viel ansehnlicher sauste
der kleine Trixton-Sohn Piemonte um die Bahn und schien noch keineswegs müde,
als im Scheitel der Schlusskurve der Salto kam. Der direkt dahinter liegende Bruno Font CG erbte gewissermaßen das
Zepter und gab’s bis ins Ziel nicht mehr aus der Hand. Anschließend wurde Purple Rain zum spektakulären
Nummer-1-Hit. Thorsten Tietz setzte von Startplatz „8“ alles auf eine Karte,
fuhr Favorit Karel G Greenwood um die Spitze aus und legte stets einen Gang zu,
wenn Karel zu attackieren suchte; das mündete in einen haushohen Sieben-Längen-Sieg
des immer noch verspielt wirkenden Vierjährigen.
Oblag
es tags zuvor Heinz Wewering, ein Toto-Beben auszulösen, so fiel dieser Part in
einem hochklassig besetzten Amateurfahren für 998:10 Indio Corner und Romina Beranek zu. Den völlig formlos aus Bayern
angereisten Elfjährige schien die Erinnerung an seinen größten Triumph zu
beflügeln, der schon ein paar Tage her ist: 2014 hatte er mit Josef Franzl hier
den Shootingstar-Cup gewonnen. Mit der „13“ kam der Wallach blendend in die
Partie, schnappte sich einen Kilometer vor Schluss das Kommando, wurde immer
munterer und bescherte seiner jungen Fahrerin den ersten, nicht einen Moment
gefährdeten ersten Treffer ihrer Laufbahn. Der zweite Vergleich der Hobbyfahrer
gipfelte im Duell zweier Moderatoren. Hatte Christoph Pellander mit Hannah
Hazelaar lange Zeit das Sagen, so sprach aus deren Rücken Emma Stolle mit Bonanomi CG das letzte Wort. Das Pferd für den „Besitzer für einen
Tag“ überrannte die sich tapfer verteidigende TraberParti-Stute ganz leicht und
bescherte dem Glückspilz den Siegpreis von 1.400 Euro. Den Schlusspunkt des
zweiten Tages setzte Josef Franzl mit Obango.
Als er der im zweiten Paar außen lauernden Lasbekerin den Kopf freigab, war’s
um die lange führende Just be Proud rasch geschehen, die Rang zwei an Obangos
Schattenfrau Jamaica Ferro verlor.
Wie
üblich gilt der letzte Blick dem, was durch tatsächliche und virtuelle
Wettkassen geflossen ist. Der Umsatz
des letzten Jahrs wurde bei identischer Anzahl an Rennen deutlich um rund
22.000 Euro übertroffen. Aufgrund der Einschränkungen vor Ort fiel der
Bahnumsatz jedoch um 25.000 auf 115.825,10 Euro.
Umsatz bei 14 Rennen: 382.032,80 Euro (incl. 266.207,70 Euro Außenwette)