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    Derby-Meeting Tag 5: Die Nachschau

    Wild West im Derby – Keytothehill vermasselt den Start – Sechster Erfolg für das Dreamteam Robin Bakker / Paul Hagoort

    (MW).  ...und am Ende siegen Robin Bakker und Paul Hagoort! „Start frei zum 125. deutschen Traber-Derby“ hieß es um 17.12 Uhr von Bahnsprecher Michael Kohl. Die Bombe explodierte nicht mal zehn Sekunden nach dem „Ab“ zum Jubiläums-Derby und zerriss unzählige Träume und Wettscheine aller Couleur. Nein - nicht grau war alle Theorie, sondern schwarz. Kohlrabenschwarz, was Vorhersagen und Expertisen den Rennverlauf betreffend anging. Ein solches Szenario hatte wohl niemand auf der Rechnung. Nichts wurde es mit dem Triumphmarsch der beiden gestandenen Herren Heinz Wewering (70) und Arnold Mollema (71) und ihres 13:10-Favoriten in den Winner Circle. Keytothehill, sechsmal in Folge ein Muster an Schnelligkeit, Einsatz und Zuverlässigkeit, kam in der turbulenten Phase unmittelbar nach dem Start wie Cunningham und Venture Capital bis zur Disqualifikation aus dem Takt. Aus der große Traum für den souveränen Adbell-Toddington- und Buddenbrock-Sieger, als 19. Gewinner der imaginären dreifachen Krone „mit Sternchen“ ins Buch des deutschen Trabrennsports einzugehen. Dafür schrieben die Herren Bakker und Hagoort als kongeniales Duo ihre ebenso unendliche wie phantastisch anmutende Geschichte weiter: Zum sechsten Mal seit 2013 holten sie das Blaue Band ins friesische Oldetrijne, das nur ein paar Kilometer entfernt ist von Wolvegas Victoriapark, dem Kernpunkt des niederländischen Trabrennsports.

    „Ich habe das Malheur für unseren größten Konkurrenten kommen sehen“, verriet Bakker beim Sieger-Interview, „ich lag ja unmittelbar neben ihm. Keytothehill wechselte beim Beschleunigen des Startautos einige Male. Erst konnte Heinz ihn korrigieren, aber dann war’s doch um ihn geschehen“, was die Taktik-Karten für fast alle neu mischte. Selbstverständlich stürmte Gold Cap BR mit Schmackes ins Kommando vor Straight Flush, King of Greenwood und Pergamon S - und wartete vergeblich auf Keytothehill. Dafür legte sich der von Peter Untersteiner mit viel Vertrauen vorgetragene, nach 100 Metern ebenfalls drei, vier falsche Schritte einlegende Toto Barosso an seine linke Seite, hinter dem sich Because you love me, Wild West Diamant und Black Jack postierten.

    „Ich war mit meiner Lage durchaus zufrieden. Mein Hengst ist zu Beginn keiner der Schnellsten, dafür hinten heraus ungeheuer kraftvoll. Keytothehill war raus, Straight Flush gut verpackt - alles lief nach Plan“, war Bakkers Statement. 500 Meter vorm Ziel hieß es endlich „Leinen los“ für den Muscle-Hill-Sohn, der in dritter Schlussbogenspur nach vorn ackerte. Bakker passte auf, dass Straight Flush nicht zu zeitig hinter Gold Cap BR und Toto Barosso auf freie Bahn entwischte - und geputzt war der 94.525 Euro schwere Fisch für den wuchtigen Dunkelbraunen, der das vollendete, was seiner Mutter Mustang’s Sally versagt geblieben war: Vor sieben Jahren hatte sie sich als 13:0-Favoritin im Stuten-Derby schwer vergaloppiert. So sicher war sich Bakker seines Triumphs, dass er 50 Meter vorm Ziel begann, Kusshändchen ins Publikum zu werfen. „Schade für Heinz und Arnold, aber so ist nun mal der Sport“, hatte der mit der Herbstsonne um die Wette strahlende „Mr. Derby“ auch Gedanken für die unglücklichen Verlierer, „doch so gefällt’s mir wesentlich besser.“ Hiltje Tjalsma, die Pflegerin von Wild West Diamant, sah es mit einem lachenden und weinenden Auge: Sie ist Züchterin des gestrauchelten Keytothehill, dem im wahrsten Sinn der entscheidende Zacken aus der Krone brach.

    Hatte Wild West Diamant bereits im Vorjahr mit Platz zwei im Jugendpreis hinter Namanga Bo und beim Breeders-Crown-Sieg Kostproben eines hoffnungsvollen Könners gegeben, so ist der Derby-Zweite Straight Flush erst in diesem Jahr - am 21. Mai - in die Laufbahn eingestiegen und hat sich in Windeseile in der Jahrgangsspitze etabliert. Bei sieben Versuchen fünf erste und zwei zweite Plätze sind eine erstklassige Ausbeute für den Pastor-Stephen-Sohn. Ähnliches gilt für den Vierten Gold Cap BR. Toto Barosso, der sich als Frontmann der äußeren Garde mit Platz drei extrem teuer verkaufte, hat wie der mit 1:12,1 einen neuen Derby-Rekord markierende Sieger bereits 2019 in Schweden einige Ausrufungszeichen gesetzt.

    Trostpflaster für Body n Soul

    Viel fehlte nicht, und die schier unersättlichen Bakker und Hagoort hätten sich auch den mit 20.000 Euro dotierten Derby-Trostlauf einverleibt. Einen Strich durch die Rechnung mit Winnetou Diamant machte ihnen Body n Soul, mit dem sich Züchter, Trainer und Mitbesitzer Mike Lenders nicht scheute, sich vor Publikum über die dritte Spur an die Flanke von Tempomacher Eagle in the Sky vorzupirschen. Der am Strand der Normandie auf Touren gebrachte Maharajah-Sohn zog bis zum Schluss prima durch und war durch Winnetou nicht zu erschüttern, den es im Schlussbogen auf einen zu weiten Kriegspfad verschlagen hatte.

    Jugend-Spiele: Cindy Truppo vorneweg…

    Zum Teil überaus hoffnungsvoller Nachwuchs präsentierte sich in den beiden Vergleichen für die Generation 2018. Genuss-Steuer müsste man als Zuschauer eigentlich zahlen, wenn Cindy Truppo auf Arbeit ist. Das zweite Mal in ihrer kurzen Karriere war dies im Stutenlauf des Jugend-Preises der Fall, den die rassige Italienerin genauso leichtfüßig vorneweg gewann wie ihr Debüt vor 14 Tagen im Gerhard-Krüger-Memorial. Nach 1:15,8 genügten der von Thorsten Tietz gesteuerten Maharajah-Tochter diesmal 1:17,3, um die Hälfte der ausgelobten 10.000 Euro vor Co-Favoritin Xylene Diamant einzustreichen.

    …Jimmy mit krachendem Speed

    Mit 13 Aspiranten war der Hauptlauf des ältesten deutschen Zuchtrennens sehr üppig besetzt. Die „13“ brachte ALL IN LOVE, der fulminanten Siegerin des Breeders-Course-Vorlaufs zu Wolvega, kein Glück. Durch das Kuddelmuddel der ersten hundert Meter kam die Stute nicht fehlerfrei und landete wie Roots, Stonehenge und Gladiator As früh am Sünderturm. Einen Blitzstart erwischte Lord Bianco, der Zweite des Gerhard-Krüger-Memorials, und noch im Schlussbogen war Jimmy Ferro BR als Siebenter meilenweit von der vorderen Musik entfernt. Der letzte Akkord des kleinen Bruders von TraberParti-Hengst Robustus Ferro hatte es jedoch in sich: „Obwohl so weit zurück, war ich sicher, das Ding zu drehen, denn irgendwann mussten die Vorderen bei dem Höllentempo zurückkommen - und ich hatte die Hände noch immer voll“, lachte Michael Nimczyk den Interviewer ob dessen Frage aus, ob er bei dem immensen Rückstand noch an den Sieg geglaubt habe. „Jimmy“ nahm die Beine in die Hand und fegte am Feld vorbei zum überlegenen Drei-Längen-Sieg vor Ole Bo, der Lord Bianco um Haaresbreite erwischte. Für 1:15,4 bekam der Sohn des französischen Spitzenvererbers Love You 10.000 Euro - und erstklassige Kritiken oben drauf.

    Mit einem feurigen Ungarn wurde der letzte Tag des Meetings eröffnet: Bugatti SS wird für das ungarische Derby 2021 vorbereitet und zeigte sich beim Debüt auf bestem Weg dorthin ist. Thorsten Tietz, für den das Meeting bisher alles andere denn ein Zuckerschlecken war, scheuchte den From-Above-/Jasmin-Diamant-Sohn sofort nach vorn und fuhr mit 1:15,8 fast genau jene 1:16, die er prognostiziert hatte. Das reichte, die Holland-Fraktion Kristel F Boko und Knight of Steel locker in Schach zu halten.

    Vorneweg löste Jamaica Ferro mit Lotte de Vlieger die erste, den Amateuren vorbehaltene Runde des Kombi-Pokals gegen den außen herum marschierenden Iron Fox und die in Fahrwasser verfrachtete Bonanomi CG. 1:14,6 lautete die Vorgabe für die Profis, die 2½ Stunden später an der Reihe waren. Teil zwei war eine Kopie, weil Vater Rob sich genau angeschaut hatte, wie Lotte die Stute vorgetragen hatte. Auch er donnerte mit ihr an die Spitze, ließ die Gegner aufmarschieren und setzte sich auf der Zielgeraden leicht ab, wobei die Timoko-Tochter nur noch 1:16,6 vorlegen musste. Endgültig Geschichte wurde die zweite Auflage der TraberParti. Hannah Hazelaar, die im ersten Lauf früh angehalten worden war und Kräfte schonen konnte, glänzte im Profi-Lauf nur 200 Meter mit einem Zwischenspurt, der 700 Meter vorm Ziel in eine Galoppade mündete und das 2020 mit wenig Fortune gesegnete Projekt mit einem schwarzen Tag für die 400köpfige Besitzerschar beendete.

    Nicht ganz so knapp wie im Derby 2019, aber genauso spannend ging es auf der Zielgeraden der mit 25.000 Euro dotierten Derby-Revanche zu, auf der die Trauben für die beiden Stuten La Grace und Rock my Dreams dann doch etwas hoch hingen. Stuten-Derby-Siegerin La Grace wurden nach 900 Metern als äußerer Anführerin die Beine etwas schwer, ihrer damaligen Runner-up zu leicht: Im Top-Speed kam Rock my Dreams beim Griff nach Platz zwei oder drei 150 Meter vorm Ziel aus dem Rhythmus. Die Lorbeeren gingen wie vor zwei Wochen im Auktionsrennen an Arnold Mollemas Juan Les Pins, mit dem Jaap van Rijn La Grace nach außen lockte. Aus der Traumlage war sein Partner im Endspurt klar der Stärkste. Platz zwei blieb Tempomacher Jason Dragon, hinter dem River Flow festgenagelt war.

    Die Letzten werden die Ersten sein - das galt fast uneingeschränkt im Derby-Pokal der Derby-Champions für Fahrer, die mindestens ein deutsches Derby oder Stuten-Derby gewonnen hatten. Lange trieb sich Josef Franzl mit Naama an vorletzter Stelle des schmalen Sechser-Feldes herum, während es vorn Heinz Wewering mit Flaming Glory mächtig knattern ließ. Auf den letzten 300 Metern änderte sich das Bild grundsätzlich. Am meisten Power hatte die Lasbekerin, und auch Hugo Langeweg juniors Barateau sprintete von vierter Position nicht viel weniger zackig.

    Noch einmal durften die Trotteurs français ran - und das über die ehemalige deutsche Derby-Distanz von 3.200 Metern, die für Franzosen-Traber nicht gar so ungewöhnlich ist. Trotz 40 Meter Zulage setzte sich Desirée Star, die mit einem rasanten Zwischenspurt 900 Meter vorm Ziel auf den Platz an der Sonne gezogen war, mit Stefan Hiendlmeier sicher vor der stets an zweiter Stelle trabenden Dolly Pop durch.

    Auch das zweite Kräftemessen der Hobbyfahrer, zugleich das letzte des Meetings, ging auf die Kappe von Lotte de Vlieger. Hollands Championesse erledigte mit Calamintha die Aufgabe auf die simpelste Weise: Sofort das Kommando übernehmen und es bis ins Ziel, das die Timoko-Tochter weit vor ihrem ständigen Schatten Dreamline Promise in neuer persönlicher Bestzeit von 1:13,5 erreichte, nicht mehr abgeben.

    Einen hatte Thorsten Tietz noch auf Lager, der am Schlusstag zur großen Form früherer Jahre auflief. Nach Purple Rains lockerem Treffer vorneweg - dem zweiten nach jenem am 6. September - erklang allerdings nicht Prince‘ Hit von 1984, sondern zum dritten Mal die Tietzsche spektakuläre Siegermelodie vom Wendler.

    Leichtes Spiel hatte Cherry Lady S, mit der Kornelius Kluth im ersten Bogen Gerson Boko die Spitze abknöpfte, das Tempo lange drosseln durfte und im Einlauf energisch abfuhr zum ersten Saisonsieg der Stute. Kluth machte auch den Deckel aufs heuer wie in alten Zeiten - bis 1984 - im September ausgetragene Meeting. Prosperous S sammelte mit langgezogenem Endspurt den flüchtigen Rolfi ein und ließ ein zweites Mal an diesem Tag Marion Jauß‘ bzw. deren Erben berühmte rote Farben mit dem weißen MW auf dem Rücken auf der Ehrenrunde leuchten.

    Wie tags zuvor gab’s einen massiven Umsatzeinbruch um 115.000 auf rund 610.000 Euro, der in erster Linie auf die Bahnwetten zurückzuführen ist. Statt 382.465,65 wurden nur 282.860,96 Euro durch die Mariendorfer Totokassen geschleust.

    Umsatz bei 14 Rennen: 609.628,49 Euro (incl. 326.767,53 Euro Außenumsatz)

    Umsatz PMU-Rennen (Derby) in Frankreich: 70.175,40 Euro