Derby-Meeting Tag 4: Die Nachschau
Stuten-Derby: Michael Nimczyk und Ulrich Mommert zum Zweiten – Kyriad Newport mit dem nötigen Quäntchen Glück – Auch Emilion, Arendelle und JFK stechen mit dem Goldhelm – Zauni zum Dritten im Monté-Derby – Neuer V7+ Jackpot
Wolfgang
und dessen Sohn Michael Nimczyk jeweils
der erste in einem Blauen Band - scheint das Trio auf den Geschmack gebracht zu
haben. In der 32. Auflage, die an Kniffligkeiten und Spannung von Anfang bis
Ende nichts für schwache Nerven war und in dem Conrad Lugauers Traum vom ersten
Sieg in einem deutschen Derby 150 Meter nach dem Start mit Jeopardys Galoppade wie
eine Seifenblase platzte, stand es erneut im Winner Circle. Der neunfache Goldhelm
schlug im erstmals in Erinnerung an Marion Jauß gelaufenen ehemaligen
Arthur-Knauer-Rennen mit einer Lady zu, an die aus verschiedenen Gründen auf
dieser Ebene lange nicht zu denken war. „Kyriad
Newport tat sich anfangs extrem schwer und hatte ihren eigenen Kopf, was
das Training angeht. Doch als sie kapiert hatte, was wir von ihr wollten, ging
es rasant voran“, hatte er im Vorfeld berichtet. „Dann kam die Corona-Krise,
die uns alle vor neue Herausforderungen gestellt hat. Niemand wusste, wie,
wann, wo und ob es überhaupt weitergeht. Das machte die Trainingsplanung und
den Formaufbau nicht gerade einfacher. Ich muss mich bei unserem gesamten Team
bedanken, das in der schwierigen und für jeden von uns neuen Zeit den Mut nie
hat sinken lassen und so toll mitgezogen hat!“
Im
Nachhinein mag die Verschiebung des Derby-Meetings um sieben Wochen in den
September der Braunen sogar geholfen haben, stieg sie doch erst am 30. Mai in
ihre Rennkarriere ein. Da hatten speziell die in Schweden, wo der Trabrennsport
kontinuierlich durchgezogen wurde, stationierten Namanga Bo, Raya und Jeopardy längst
schon ein paar Rennen intus, aber „Kyriad Newport hat den Nachteil in Windeseile
aufgeholt.“ Am 19. Juli überzeugte sie bereits im Rahmen des
Adbell-Toddington-Rennens, einen Monat später war sie die glasklare Chefin im
Ring des Buddenbrock-Stutenlaufs. Gleiches galt im Derby-Vorlauf. „Da hab ich
ihr nur das Nötigste abverlangt, um Kräfte für den Endlauf zu sparen.“
Körner
sparen hieß auch die Devise, als es eingangs der Tribünengeraden die letzte
Option gab, den Platz im Fahrwasser der wie ein Pfeil in Front geflogenen
Namanga Bo zu verlassen, doch Nimczyk blieb mit der Zuversicht eines Optimisten
innen: „Ich war überzeugt, Pietro Gubellini würde den Platz an der Sonne nie
freiwillig räumen. So wäre mir der eine Runde lange Marsch durch die Todesspur
geblieben, und der wäre meiner Stute vielleicht zu viel geworden.“ Hoffen und
harren hält manche zum Narren, sagt der Volksmund. Nimczyk gehörte nicht dazu. Wie
auf dem Reißbrett vorgezeichnet stand im Scheitel der Schlusskurve die Tür offen,
als die mittlerweile in der Todeslage gelandete Raya einen Schwächemoment
hatte. Es war jedoch noch längst nicht aller Tage Abend. Die müde Namanga Bo
driftete beim Ziehen der Ohrenwatte nach außen, die Tür schlug für die
Explosive-Matter-Tochter wieder zu, weil in dritter Spur Whoopie Diamant
unterwegs war, bzw. ging innen für Olympia Hazelaar auf. Kyriad Newport musste
hinter dieser Troika neu ansetzen - es waren nur noch 150 Meter „bis Buffalo“ -
und tat dies im Stil einer echten Championesse: Ganz nach außen dirigiert,
streckte sie sich, wurde immer kleiner und windschnittiger und riss das verloren
scheinende Match noch sicher um eine Länge gegen Whoopie Diamant und Olympia
Hazelaar aus dem hoch lodernden Feuer.
Sechs
Starts, fünf Siege, ein zweiter Platz, 54.525 Euro Einkommen - mit ihrer
Sicherheit und ihrem explosiven Antritt aus jeder Lage steht sie vor einer
rosaroten Zukunft und bekräftigt einmal mehr die Weisheit, der Apfel falle nicht
weit vom Stammbaum. Ihre Mutter Elusive Desire wechselte im Oktober 2010 mit
1,27 Millionen Dollar, von denen 150.000 USD für den Ehrenplatz in der
Breeder’s Crown 2009 der größte Posten sind, und einem Rekord von 1:09,7 in die
Zucht und wurde später vom niederländischen Züchter Peter ter Borgh erworben.
Hält sie sich weiterhin „an Mutterns Vorlagen“, stehen den Familien Mommert und
Nimczyk noch einige Freudentage ins Haus.
Trostläufe für Donato
Princess und Quelle Fleur
Der
1. Trostlauf wurde eine hart erkämpfte Sache für die erst vor kurzem
von Roland Hülskath zu Heinz Wewering überstellte Donato Princess, „die mir schon im Vorlauf ausnehmend gut gefallen
und das große Finale nur deswegen verpasst hat, weil sie keine freie Fahrt
hatte. Genau darum hab ich sie heute für die letzten 800 Meter in die Todeslage
beordert, wo sie sich wacker durchgebissen hat“ - unter anderem gegen die in
Berlin stationierte Kelcy Beuckenswijk, die sich eine Länge zurück vor Fräulein
Trixie den Ehrenplatz schnappte.
In
Trostlauf 2 gingen Blumen und
Honneurs an Quelle Fleur. 1200 Meter
lang ließ sich Jaap van Rijn mit der von Dirk Frahm gezüchteten
Abano-As-Tochter den äußeren Weg von Kiwi Fortuna weisen, rauschte dann zügig
zur führenden Katalonia vor, erledigte die auf den finalen 150 Metern
einbrechende Favoritin im Handstreich und war im Einlauf überlegene Ware. Vom
düpierten Rest war We are in the game am besten im Spiel und flog aus dem
Hintertreffen vor Honfleur und Shimmy des Bois zum Ehrenplatz, während
Katalonia als Sechste sogar aus den Geldrängen purzelte.
Zauni und Ronja
Walter schlagen zum Hattrick zu
Zum
100. Geburtstag hatte sich Mariendorf 2013 das Monté-Derby spendiert, das mit einer Dotation von 20.000 Euro nicht
nur das wertvollste Trabreiten Deutschlands, sondern fester Bestandteil des
Derby-Meetings ist. Nach Siegen 2018 und 2019 wurden Zauni und Ronja Walter diesmal nur als zweite Kraft gesehen, weil
Volcan de Bellande dem Spruch der alten Kanonen, die scharf schießen, vor allem
in Schweden gerecht geworden ist. Mit einer aktuellen, in Åby erzielten
1:10,5-Bestmarke nahm der elfjährige Franzosen seinen 117. Start äußerst
schwungvoll unter die Hufe und griff sich vor den Tribünen den Taktstock.
Aufgepasst wie ein Luchs hatte die deutsche Championesse, legte Zauni in den
Windschatten des einzig ernstzunehmenden Rivalen und rang den sich heftig
wehrenden Fuchswallach mit einer knappen Länge nieder. „Eine echte Chance hatte
ich mir ehrlich gesagt nicht ausgerechnet, aber gehofft, dass Zauni sich wie
immer auf der Berliner Bahn pudelwohl fühlt und dies vielleicht den Ausschlag
gibt - und so war’s dann ja auch!“
Nur
etwas mehr als zwölf Stunden Zeit hatten die zwölf besten „Luxus-Handicapper“ nach ihren Vorläufen, neue Kräfte fürs Finale zu sammeln. Nach drei Fehlstarts
lagen die Nerven bei einigen Aspiranten blank, so bei Favorit Donna Leone H,
der sich gemeinsam mit Brigitte Bardot auf den Sünderturm verkrümelte und im zweiten Bogen Gesellschaft
von Belittlebigjoe bekam. Am besten kam Ijsvink
durch das Kuddelmuddel, den Thomas Panschow unterwegs gut versteckt hatte. In
einem hin und her wogenden Endkampf zwang er I’ll be there in die Knie, der
seinerseits Tempomacher Terpie Burgerheide geknackt hatte.
Sehr viel undramatischer erledigte der knifflige Piemonte mit Lasbeks Gestütstrainer Josef Franzl seine Aufgabe. Aus zweiter Startreihe fand der Trixton-Sohn die richtige Passage, übernahm 1300 Meter vorm Ziel das Zepter von No Nay Never und machte sich eine Runde später kurz und trocken zum zweiten Karrieresieg aus dem Staub.
Richtig
Spaß an der frischen Luft offenbarte im Pokal
der Flieger Fitforfun, die über die gesamten 1609 Meter die Garde der
zweiten Reihe anführte. Kornelius Kluth ließ sich weder von Freedom Fighter
noch Otero ablösen, hielt beide im Gegenteil in der dritten Spur. Seine Stute nahm
ihm das nicht krumm, legte sich im Gegenteil prächtig ins Zeug und den
permanent führenden Favoriten Zofran de Gleris in grandiosen 1:12,7 zu den
Akten.
Nicht
zu viel versprochen hatte Michael Nimczyk vor dem Pokal der Publikumslieblinge sich und den Zuschauern von Emilion. Nach betulichem Start Vorletzter,
schickte er den von Jean-Pierre Dubois gezüchteten Wallach nach 500 Metern auf
die Reise, machte im Nu Boden gut, übernahm 1.000 Meter vorm Ziel die Spitze
und stiefelte in begeisterndem Stil nach Hause. Vom Rest schälte sich
überraschend Napster als Zweitbester heraus und ließ Siegertypen wie Pompano
Julian und Exclusive Fire sicher hinter sich.
Neben
den Amateuren, bei denen in ihrem 6. Wertungslauf Andre Pögel mit
Nu-Pagadi-Neffe Nada más auf die
harte Tour außen herum Gabalier überlegen abfertigte, hatte auch der Fahrernachwuchs seinen Laufsteg. „In
der Ruhe liegt die Kraft“, lautete die gar nicht so verkehrte Devise, denn
während sich Gri Happy Girl, Nordic Jaycee und Favorit Black Star 400 Meter
lang um die Führung bekriegten, die Gri Happy Girl eisern festhielt und erst im
Scheitel des Schlussbogens den dort neuerlich attackierenden Black Star mit
Mariendorf-Aficionado Marciano Hauber ziehen lassen musste, waren I can steel und Longhire bis dahin so
gut wie unsichtbar. Das sollte sich in einem furiosen Finale nachhaltig ändern,
bei dem sich Thomas Bos‘ Fuchs als Stärkster entpuppte und auch Longhire und
Monclier Bo den ob des Gewaltakts müde gewordenen Black Star rechts liegen
ließen.
Im 20.000 Euro wertvollen Finale der Newcomer-Serie bestätigte Jilt Flevo seinen Erfolg vor zwei Wochen im Halbfinale, der ihm durch Velten von Pollys und Ol Dono Lengais Galoppaden erleichtert worden war. Dass sie es besser können, bewiesen sie diesmal: Velten von Polly holte sich eingangs der ersten Kurve das Kommando gegen flat rate hall und wehrte den ersten Übernahmeversuch Jilt Flevos schnöde ab, der sich daraufhin neben ihn legte und Ol Dono Lengai Windschatten spendierte. Der zweite Angriff saß dann knallhart: Der einstige Lehrlings-Europameister Danny Brouwer brauchte sich kaum zu rühren, um Velten von Polly in die Schranken zu weisen, an dem sich auch Ol Dono Lengai knapp vorbeiraufte.
Das
Gottlieb-Jauß-Memorial, mit dem
Mariendorf seines am 12. Juli 1999 tödlich verunglückten 16fachen Fahrerchampions
gedenkt, war Sache Michael Nimczyks, für den das gesamte Meeting eine
Erfolgsgeschichte ist. Der kampfstarken Arendelle,
die am Start aus dem Tritt zu geraten drohte, verpasste er in zweiter Spur ein Traumrennen
hinter Rainbow Diamant, dem, nachdem Titelverteidiger Massai sich eine Runde
vorm Ziel die Führung gekrallt hatte, der äußere Fahrtwind eiskalt ins Gesicht
blies. Das war dem eisenharten Kämpen bei hohem Tempo im Schlussbogen dann doch
zu viel. Umso besser nutzte Nimczyk die Vorlage und machte für Natorp Bo die
Bude zu, der sich als Dreijähriger gegen die Älteren bestens verkaufte und
Massai für den Ehrenplatz abfing. Mit der Tagesbestzeit von 1:12,4 stellte die
kaum einen Ausfall kennende „kleine Meerjungfrau“ des bayerischen Stalles
Germania ihren persönlichen Rekord ein.
„Never
change a winning tactic“ - weil’s so gut geklappt hatte, wusch der Goldhelm mit
identischer Taktik sofort nach. Mit dem beim Auftritt zuvor durch einen völlig
platten Reifen gehandicapten JFK
konnte er sich außen bis zu Beginn der Zielgeraden an Golden Evasion ansaugen.
Herausgehen und an dem sofort ins Kommando gestürmten Itseblitz vorbeibrausen
war eine Kleinigkeit für den Winzling mit dem enormen Rennkopf.
Bevor
es zur Jährlingsauktion ging, zog Österreichs Champion Gerhard Mayr, an dem das
Meeting bis dato ziemlich vorbeigelaufen war, endlich ein Ass aus dem Ärmel. Der
aus der Deckung in dritter Schlussbogenspur aufziehende Good Fellow war als „guter Junge“ Mitte des Einlaufs bereits
vorbei, als Taktgeber Eye Catcher C Rang zwei im Galopp wegwarf. Bei 393:10
platzten die letzten Träume der V7+-Wetter; einige bekamen für sechs Richtige
die Quote von 18.184:10, knapp 19.000 Euro wanderten in einen Jackpot.
Deutlich
unterschritten wurde das vorjährige Umsatzergebnis. Bei wie 2019 14 Prüfungen
flossen trotz erstklassigen Rennbahnwetters 100.000 Euro weniger durch die
Kassen.
Umsatz bei 14 Rennen: 406.592,25 Euro (incl. 233.523,65 Euro Außenumsatz)