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    Alle Karten in einer Hand

    Mit dem Hengst Straight Flush gewinnt Michael Nimczyk das Equine Auktionsrennen für Dreijährige. Der Goldhelm triumphiert ebenfalls im Fahrer-Wettbewerb. Rudolf Haller holt sich den Lauf der Gold-Serie mit seinem Crack Orlando Jet, der zum neuen Berliner Saisonrekord rast. 

    Wenn man der Corona-geschuldeten Verschiebung des Derby-Meetings etwas Positives abgewinnen will, dann dieses: Der Wettergott hätte es nicht gut gemeint mit einem Finale am ursprünglich geplanten Termin, dem 2. August. Denn dicke, graue Regenwolken hingen am Sonntag über der Derby-Bahn. Es wäre also für das Publikum und alle Aktiven ein überaus feuchtes Vergnügen geworden. Vielleicht ist dies ja ein gutes Omen. Denn wer weiß: Da sich der Sommer in diesem Jahr bisher kräftig bitten ließ, hält er vielleicht noch einiges für den kommenden Monat in der Hinterhand parat und könnte den Trabrennfans eine großartige Atmosphäre bei besten äußeren Rahmenbedingungen bescheren. Die Devise lautet also: Kräftig die Daumen drücken und dann wird es schon klappen!  Denn das bedeutendste Trabrennereignis der Bundesrepublik hat sich anlässlich seines 125-jährigen Jubiläums ein optimales Szenario wahrlich verdient.

    Der  kaum aufhörende Nieselregen drückte am Sonntag natürlich ein wenig auf die Stimmung – doch das, was an sportlichen Leistungen geboten wurde, entschädigte die Zuschauer dafür umso mehr und auch vom Umsatz her wurde das Wochenende ein voller Erfolg. Die größte finanzielle Börse – nämlich 20.000 Euro Preisgeld – wurde im Equine Auktionsrennen für Dreijährige verteilt. Und es war der Goldhelm Michael Nimczyk, der am Ende alle Karten in der Hand hielt. Denn sein für die Besitzergemeinschaft von Ute Brocker und Ulrich Mommert laufender Schützling Straight Flush, der zuvor nur ein einziges Rennen verloren hatte, holte sich unter Rekordverbesserung um volle anderthalb Sekunden auf 13,5/1.900m den Sieg und unterstrich die Ambitionen, auch in den Derby-Vorläufen kräftig mitzumischen. Hinter dem Tempomacher Gold Cap BR (Cees Kamminga), der sich als Zweiter ebenfalls eine exzellente Note verdiente, fand Straight Flush einen idealen Verlauf vor und gewann im Einlauf im Duell gegen seinen Widersacher schnell die Oberhand. Black Jack (Rudolf Haller) ergatterte Rang drei vor der überaus positiv überraschenden Riesenaußenseiterin Kelcy Beuckenswijk (Thomas Skoruppa).         

    Für Michael Nimczyk lief es im Gegensatz zum Samstag sowieso wie am Schnürchen – und das war auch kein Wunder, denn der Goldhelm hatte einige seiner stärksten Traber zu der Veranstaltung mitgebracht. Das Attribut „extraklasse“ galt vor allem für ein Pferd, das ihm und Ulrich Mommert im Vorjahr unvergessene Momente beschert hatte: für La Grace. Die Stutenderby-Siegerin ist besser denn je und es ist derzeit nicht abzusehen, wohin ihr Weg sie noch führen wird. Selbst hochrangige Gegnern wie River Flow (Thorsten Tietz) und Real Perfect (Rudolf Haller) hatten gegen die vierbeinige Königin, die auf der Tribünengeraden die Führung übernommen hatte und in 13,7/1.900m mit anderthalb Längen Vorsprung gewann, nicht den Hauch einer Chance und belegten nur die Plätze zwei und drei.

    Einen zukunftsweisenden Auftritt legte der Goldhelm ebenfalls mit Venture Capital hin. Der Fuchshengst schoss sofort an die Spitze und im Einlauf demütigte der Dreijährige seine Gegner regelrecht, denn seine Schritte wurden in 16,0/1.900m immer länger und er war auf der Linie einsam voraus. Venture Capital leistete zugleich einen wichtigen Beitrag zu der hervorragenden Bilanz von Michael Nimczyk, die mit insgesamt 56 Punkten zum Gesamtsieg des Deutschen Meisters im Berufsfahrer-Championat des Wochenendmeetings führte. In dem mit insgesamt 2.500 Euro dotierten Wettbewerb belegte Thorsten Tietz (47 Zähler), der zum Abschluss des Renntages mit dem Start bis Ziel dominanten Fighter Pilot auftrumpfte, den zweiten Platz vor Victor Gentz (35 Punkte). Den vierten Rang holte sich Josef Franzl vor Dennis Spangenberg.

    Er ist und bleibt die Autorität des heimischen Trabrennsports: Orlando Jet. Der schlechte Startplatz, die lange Pause … dies alles schien im Lauf der Gold-Serie um 10.000 Euro Preisgeld gegen den Mariendorfer Bahnrekordler zu sprechen und führte dazu, dass Orlando Jet ausnahmsweise mal bei 1,2:1 am Toto stand und nicht als reiner Geldwechsler agierte. Doch alle Zweifel waren grundlos und der Crack des Rennstalls Team Neuhof spielte in der Hand seines ständigen Begleiters Rudolf Haller sein ganzes Können aus. Als Orlando Jet zu Beginn der Schlussrunde mit einem höllischen Zwischenangriff an Rainbow Diamant (Heinz Wewering) vorbei die Spitze erobert hatte, dachten wohl alle Zuschauer: Das war es schon! Eine Einschätzung, die sich voll und ganz bewahrheiten sollte. Denn in der neuen Berliner Saisonbestzeit von 11,8/1.900m ging Orlando Jet mit fünf Längen Vorsprung auf und davon. Er bleibt damit in der Hauptstadt – seiner zweiten Heimat – seit über vier Jahren ungeschlagen. Rainbow Diamant verteidigte dahinter mit bravourösem Einsatz das zweite Geld gegen den speedigen Emilion (Michael Nimczyk), der seine beste Leistung seit langem zeigte.

    Die zweitschnellste Kilometerzeit erzielte ein Traber, der ebenfalls ungeheuer imponiert und von Tag zu Tag besser wird: der von Victor Gentz trainierte und gesteuerte Exclusive Fire. Der Seriensieger, der zuletzt nur an einem Fehler beim von ihm wenig geliebten Bänderstart gescheitert war, hatte sich diesmal mit Laurel Park (Michael Nimczyk) einen überaus unbequemen Gegner ausgesucht. Beide Pferde bestimmten auch sofort das Geschehen und als Exclusive Fire vor den Tribünen einiges tun musste, um an dem nicht freiwillig seinen Platz räumenden Laurel Park vorbeizukommen, roch es nach einem heißen Endkampf. Doch es gab kein Millimeter-Finish, sondern es wurde eine eindeutige Angelegenheit. Exclusive Fire ließ seinen Widersacher in 12,8/1.900m mit einer Länge Vorsprung glasklar abblitzen.

     „In Front ist sie zwar ein bisschen faul und ich muss sie bei Laune halten – aber sie macht einfach alles perfekt!“, strahlte Josef Franzl nach seinem Volltreffer mit Naama. Die Lasbekerin ging bereits im ersten Bogen nach vorne und löste sich im Schlussbogen deutlich von den Verfolgern. Nur Gustave de Joma (Rudolf Haller) konnte in tapferer Manier den Anschluss an die 14,0/1.900m trabende Siegerin halten. Ausnahmsweise mal nicht als Trainer, sondern als reiner Catchfahrer packte „Seppi“ mit dem 11,6:1-Außenseiter Highlander Boko für das Gestüt Op’n Wienbarg noch einen obendrauf. Der Wallach lief zwar nur als Zweiter über die Linie. Da der vor ihm platzierte Place Royal (Michael Nimczyk) aber die korrekte Gangart nicht halten konnte, wurde Highlander Boko der Sieg zugesprochen.

    Dass ein erst 16-jähriger Sulkyfahrer mit seinem Pferd am Mariendorfer Wettmarkt jemals 1,0:1 stand – daran kann sich wohl kaum jemand erinnern und es könnte in der langen Geschichte der Derby-Bahn geradezu einmalig sein. Bei Marciano Hauber und Jeanine Go war es der Fall – eine ungeheure Wertschätzung des Publikums für einen blutjungen Nachwuchsmann. Das Rennen wurde zu einer Demonstration. Marciano Hauber steuerte seine Stute vor den Tribünen an die Spitze und die Vierjährige gewann in bärenstarken 13,8/1.900m mit Weile-Vorsprung. So richtig rund lief es beim Meeting aber vor allem für Sarah Kube. Bereits am Samstag hatte die Amazone mit zwei Siegen geglänzt und am Sonntag führte die Amateurfahrerin erneut ein Pferd auf die Ehrenrunde. Nämlich New Flat OV, der sofort nach vorne schoss und zeitweilig mit vierzig, fünfzig Metern Vorsprung führte. Auf der Zielgeraden trat der Favorit zwar etwas kürzer, aber mit all ihrer Routine und Cleverness brachte die Berlinerin ihren Schützling trotzdem sicher ins Ziel.

    Eine zweite Amazone wollen wir an dieser Stelle natürlich ebenfalls erwähnen. Stefanie Mayr, die Tochter von Cornelia Mayr und Enkelin der Austria-Legende Gerhard Mayr, ist erst zwölf Jahre alt, steht aber in ihrer Leidenschaft für die Pferde ihren prominenten Verwandten in keinster Weise nach. Die junge Österreicherin gewann mit ihrem Pony „Jimmy“ das Rennen der Mini-Traber, das nicht weniger als zehn Teilnehmer aufwies und ein regelrechter Länderkampf war. Die Berliner Spitzenfahrerin Amy Fink gab zwar  gegen ihre erklärte Angstgegnerin wirklich alles - doch Amys Vierbeiner-Crack „Lolly" verfiel beim entscheidenden Schlussangriff in Galopp. Das war allerdings kein Grund, um allzu traurig zu sein. Denn Sieger und  Verlierer fanden sich im Anschluss am Imbissstand ein und wurden von Mario Zdziarstek, der tags zuvor erfolgreich die V7+ abgeräumt hatte, zu Currywurst und Pommes eingeladen. Wir möchten dem spendablen Amateurfahrer auf diesem Wege herzlich danken!   

    Gesamtumsatz: 170.395,61 Euro  Bahnumsatz: 45.006,85 Euro Außenumsatz: 125.388,76 Euro.

    Unser Terminhinweis: Die kommende Mariendorfer Rennveranstaltung findet am Sonntag, dem 16. August statt. Beginn ist um 13.30 Uhr. Im sportlichen Mittelpunkt stehen die mit insgesamt 37.500 Euro dotierten Läufe des Buddenbrock-Rennens sowie die Gold-, Silber- und Newcomer-Serien. Die Starterangabe, die Sie auch online auf www.rennbahn-berlin.de vornehmen können, ist am Montag, dem 10. August. Sie erreichen das Mariendorfer Rennsekretariat unter der Rufnummer 030-7401229 bzw. per Mail an starterangabe@rennbahn-berlin.de.