Trauer um Marion Jauß
Ihr Name ist allen, die mit dem
Trabrennsport in Deutschland und Europa verbunden sind, seit Ewigkeiten ein
fester Begriff. Kaum jemand hat den Sulkysport in den vergangenen Jahrzehnten
so geprägt wie Marion Jauß (auf dem 1990 aufgenommenen Foto links gemeinsam mit ihrer Schwester Madeleine Winter-Schulze abgebildet).
Zunächst in ihrer ehemaligen Heimat Berlin, nämlich auf der Bahn in Mariendorf, wo ihr als eine der weltweit erfolgreichsten Amateurfahrerinnen aller Zeiten unzählige spektakuläre Treffer gelangen. Und später dann vom Gestüt Neritz aus – jenem nicht weit vom schleswig-holsteinischen Bad Oldesloe gelegenen, kleinen idyllischen Ort, der sich trotz der ländlichen Beschaulichkeit ebenso wie das nur zehn Kilometer entfernte Gestüt Lasbek der Unternehmerfamilie Herz zu einem der bedeutendsten Leistungszentren des bundesdeutschen Trabrennsports entwickelte.
Von dort aus regierte Marion Jauß das Geschehen auf den
deutschen Bahnen mit – zwar nicht mehr vom Sulky aus, denn ihre aktive Karriere
hatte die Amazone, die 1614 Mal als Erste über die Ziellinie gefahren war,
längst beendet. Aber als eine der bedeutendsten Besitzerinnen und passionierte
Züchterin. Pferde wie Pablo As, Baltimore As und aktuell Gilda Newport sowie
Portland sind nur einige der unzähligen Namen, mit denen sich Marion Jauß in
die Siegerlisten der wichtigsten Klassiker eintrug. Eine dieser herausragenden
Prüfungen, nämlich das Stuten-Derby, wurde quasi zu ihrem eigenen Rennen. Nicht
nur, weil der hochdotierte Wettkampf in den zurückliegenden Jahren den
Namenszusatz Eduard Winter trug und somit an ihren Vater erinnerte – sondern
vor allem, weil die Pferde und ihre Fahrer im knallroten Jauß-Dress auf
Triumphe im Stuten-Derby regelrecht abonniert waren.
Das alljährlich am Vortag des Deutschen Traber-Derbys
ausgetragene Rennen gehört gemeinsam mit dem ihrem Ex-Gatten gewidmeten
Gottlieb-Jauß-Memorial zu den Highlights der Mariendorfer Saison – eingebettet
in Veranstaltungen, die von Marion Jauß nicht nur durch die Präsentation ihrer
eigenen vorzüglichen Pferde, sondern auch finanziell großzügig unterstützt
wurden. Nicht kleckern, sondern klotzen! So lautete ihr persönliches Motto für
die Eduard-Winter-Renntage, die ohne ihr Engagement nie möglich gewesen wären.
Dieses Motto war zugleich der rote Faden im Leben der Traber- und
Springsport-Enthusiastin, die über ein Gästefahren den Weg nach Mariendorf
gefunden hatte. Eine Frau mit unbändigem Temperament, die durchaus laut werden
konnte, wenn ihr etwas nicht passte. Jemandem sehr deutlich die Meinung zu
sagen, wenn ihr etwas nicht gefiel – damit hatte Marion Jauß nie ein Problem.
Doch neben klaren Worten war es vor allem die Herzlichkeit, die ihr Verhältnis zu anderen Menschen bestimmte. Und der Wille, gemeinsam mit anderen prominenten Mitstreitern hochgesteckte sportliche Ziele zu erreichen. In den zurückliegenden Jahren war es insbesondere der Trainer Dirk Hafer, der sie dabei begleitete – auch wenn Marion Jauß ihr größter Wunsch, der Sieg im Deutschen Traber-Derby, stets verwehrt blieb. „Wenn Du in Deinem Inneren etwas wirklich willst, dann mach es entweder hundertprozentig oder lass es bleiben!“ Diesen Leitgedanken hatte die Sportlerin von ihrem Vater übernommen – und sie hatte sich schon früh für die hundert Prozent entschieden. Am heutigen 4. Mai ist Marion Jauß auf ihrem geliebten Gestüt Neritz verstorben. Wir werden sie gemeinsam mit allen, denen der Trabrennsport am Herzen liegt, schmerzlich vermissen.