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In memoriam Brigitte Reckzeh

Für immer stumm: „Meldestelle Reckzeh“

Fassungslos und tief bestürzt reagierte nicht nur das Berliner Trabervölkchen, als am 3. Adventswochenende die Kunde vom Tod Brigitte Reckzehs allmählich die Runde machte. 

Hatte sie nicht gerade nach überstandener Bronchitis für den Renntag am 4. Dezember ihren Arbeitsplatz in der Meldestelle hinter der Endellschen Tribüne wieder eingenommen und ihre Aufgaben als Leiterin der renntechnischen Abteilung souverän abgewickelt wie all die Jahrzehnte vorher? In den Tagen darauf ging es ihr wieder schlechter, am Freitag wollte sie erneut einen Arzt aufsuchen. In der Nacht von Freitag auf Samstag (9. / 10. Dezember) ist eines der Urgesteine des Westberliner Trabrennsports im Alter von 77 Jahren plötzlich verstorben.

Wer sie in Traber-Deutschland in all den Jahren nicht persönlich erlebt hat, der kannte zumindest ihre Stimme. „Meldestelle Reckzeh“ mit leicht fragendem Unterton bekam berlinisch kurz und knapp zu hören, wer die „030-7401228“ bzw. intern die „228“ gewählt hatte - den Anschluss „ihrer“ Meldestelle, der sie mehr als ein halbes Jahrhundert vorstand. Schon ab dem 1. April 1965 hatte sie in ihrem erlernten Beruf als kaufmännische Angestellte mit den Trabern zu tun und arbeitete für die damals noch in der Charlottenburger Knesebeckstraße ansässige, 2004 im Hauptverband für Traber (HVT) aufgegangene Aufsichtsorganisation für den Westberliner Raum OBT als Kontokorrentbuchhalterin. Dort erspähte sie Rennsekretär Hans Klemp und warb sie für den Trabrennverein Mariendorf (TVM) ab, wo sie zum 1. April 1967 ihre neue Tätigkeit begann und zwei Fliegen mit einer Klappe schlug. 

Längst war die Lichtenraderin Pferde-Enthusiastin wie so viele Schulmädchen vor und nach ihr, die in der Nähe der Westberliner Renne aufwuchsen. Mit der neuen Arbeitsstelle war sie nur ein paar Schritte von den geliebten Vierbeinern entfernt, um die sie sich kümmern konnte, so oft es ihre Zeit zuließ. Die Meldestelle, eine der Schaltzentralen einer Pferderennbahn, an der die vielfältig zu knüpfenden Fäden zwischen zwei- und vierbeinigen Aktiven, Funktionären und zahlreichen für einen Renntag verantwortlichen Mitarbeitern zusammenlaufen, war, bei an 100 Renntagen pro Jahr in Berlin-Mariendorf, ein Vollzeit-Job. Zumal Kollege Computer noch in weiter Ferne lag und alles per Hand oder Schreibmaschine akribisch in Karteiblätter eingetragen und für die Nachwelt bzw. das Renntagebuch auf ewig festgehalten werden musste.

Wie oft war sie in all den Jahren Fels in der Brandung, speziell als die Meldestelle im 2004 an den HVT übergebenen Sekretariatsgebäude an der westlichen Auffahrt zum Geläuf residierte, wenn Jubel oder auch Frust an ihrem Arbeitsplatz in der unteren Etage überhandnahmen. Der war dicht an der Piste, dort, wo die Gespanne mit Schmackes aus der letzten Kurve auf die Zielgerade biegen, oft die erste Anlaufstelle für überglückliche oder ärgerliche Besitzer, Trainer, Fahrer. 

2010 - da lag ihr Büro, in dem mindestens zwei Stunden vor dem ersten Startschuss Hochbetrieb herrscht und es trotz moderner Datenverarbeitung zugeht wie im Bienenstock, weil Anmeldungen für Fahrer, Pferde, Pferdepasskontrollen, Startgelder entgegengenommen werden müssen, längst etwas weiter weg vom sportlichen Schuss - stellte sich die Frage nach dem Eintritt in den Ruhestand nur kurz. Ein wenig wolle sie noch weitermachen, nur zu den Renntagen allerdings, sich verstärkt um Haus, Garten, Enkel Max kümmern. Aus „ein wenig“ wurden weitere zwölf Jahre, an denen im wahrsten Sinn des Wortes fast jeder Aktive, ob Zwei- oder Vierbeiner, an ihr vorbei musste und sie alles, was in der Meldestelle anfiel, souverän meisterte. Ein Ende war noch nicht abzusehen.  

Ihre Arbeitsstätte direkt auf der Rennbahn hatte auch sportliche Auswirkungen: Fast selbstverständlich machte sie ihren Amateurschein, wurde 1969 gar deutsche Amateurchampionesse, wobei einige Siege noch in die Zeit ihres Mädchennamens Fasinski fielen. Im gleichen Jahr heiratete sie Trabertrainer Peter Reckzeh und kämpfte fortan unter neuem Namen mit altem Schwung um Siege und Platzierungen. Wie oft hat sie mit schelmischem Grinsen erzählt, wie sie mal Heinz Wewering, von dem damals noch niemand ahnte, zu welchen Höhen der aufsteigen würde, in einem Trabreiten bezwungen habe. 1989 hat sie Renndress und Fahrstiefeletten nach 62 Siegen an den berühmten Nagel gehängt bzw. an ihre Tochter Carola weitergereicht. 

Über all die Zeiten hatte sie auch eigene Pferde am Start, teils sogar aus der eigenen kleinen Zucht. Bols, das erste Fohlen der aus DDR importierten Stute Brunni bescherte Brigitte Reckzeh am 12. September 1976 den größten sportlichen Erfolg als Besitzerin und Züchterin: Mit Ehemann Peter stürmte der braune Bomber mit Startnummer „13“ zum Ehrenplatz im deutschen Traber-Derby hinter Floral Scot und Gerhard Krüger.

Das tiefe Mitgefühl der Berliner Trabergemeinde gilt den Hinterbliebenen, insbesondere ihrer Tochter Carola, Schwiegersohn Franko und Enkel Max. Der Berliner Trabrenn-Verein wird seiner jahrzehntelangen Meldestellen-Chefin am Freitag während der PMU-Veranstaltung mit einer Schweigeminute gedenken.