Bruno-Cassirer-Rennen: Des Goldhelms stylisches Meisterstück
Jack Scott überrascht im Derby-Marathon – Rudi Haller mit Fan d’Arifant zum Zweiten – Gerd Biendl bei den Oldies
(MW) Wie tags zuvor der Shootingstar-Cup wurde
auch das Bruno-Cassirer-Rennen als
traditionelles Schmuckstück des Freitagabends mangels Masse, sprich
Bewerberinnen in lediglich einem Lauf entschieden. Erstmals mussten die
vierbeinigen Ladys über 2.500 Meter - und
ein Trio über 20 Meter mehr - ran, um an Teile der ausgelobten 20.000
Euro zu kommen. Ebenfalls wie am Donnerstag bei den Amateuren wanderte der
dickste Batzen dank In Style in die
Tasche von Karin Walter-Mommert, wobei diesmal Mats Strandquist, der „Übungsleiter“
des Mommertschen Quartiers im norddeutschen Brammerau, als Vorbereiter und Michael Nimczyk als Vollstrecker
fungierten. Nicht wie bei Man U als Favoriten, sondern als 196:10-Außenseiter.
Zum einen, weil die im wahrsten Sinn kleine, vom französischen Weltenbummler
Jean-Pierre Dubois gezüchtete Schwester der Impressive Lady, Iron Creek und In
Your Dreams überhaupt erst viermal gestartet, zum anderen, weil sie zugleich
die Ärmste des Zehnerfeldes war.
Zur
knappen Favoritin erkoren war die auch erst viermal gestartete, dabei noch nie
bezwungene Blind Date, bei der sich Rudi Hallers und der Auguren Skepsis
bestätigte, ihr könne der Start aus dem Band zum Verhängnis werden. Das „Ab“
war kaum verklungen, da war das Wett-Geld auf die Braune auch schon im Galopp
weg. Umso schwungvoller legte Josef Franzl mit Palmyra los, und hinter der den
zeitweise recht gemächlichen Takt vorgebenden Lasbekerin fand Nimczyk für In
Style eine ideale Ausgangslage. Die Gretchenfrage lautete, ob sie die nach dem
langen Arbeitsweg würde nutzen können. Sie konnte - und wie. „Natürlich gehört
immer das nötige Quäntchen Glück dazu, rechtzeitig freizukommen, aber als Ruby
Barosso außen nicht mehr taufrisch war, konnte sich meine Stute lange genug
richtig ansaugen. Im Schlussbogen ahnte ich, dass wir Palmyra stellen könnten,
so exzellent lag sie in der Hand.“ Der Rest war zwar kein Kinderspiel, doch
eine letztlich sichere Angelegenheit: „Sie ist zwar klein, hat aber eine enorme
Grundschnelligkeit und ein riesiges Kämpferherz. Sie hat auf einen Ruck ihre
Gewinnsumme enorm gesteigert (von 3.530 auf 13.530 Euro) und wird, gehen wir
behutsam mit ihr um, ein tolles Rennpferd.“ Wenig Chancen hatten jene drei mit
20 Meter Zulage bedachten Aspirantinnen, sich auf den rasanten beiden Schlussabschnitten
im Kampf ums Podium einzubringen. Ihre Beste Kosy Occagnes ergatterte als dritte Kraft des Wettmarkts klar zurück die
vierte Prämie.
Jack aus der Kiste
Zweiter
Höhepunkt des Abends war der 15.000 Euro wertvolle Derby-Marathon-Pokal über die 1978 letztmals geforderte
Derby-Strecke von 3.200 Metern - und für die Reichen und Superreichen noch 20
bzw. 40 Meter mehr. Alles redete über Edens Boy, mit dem Jaap van Rijn nach 500
Metern die Spitze übernahm und ein kerniges Tempo vorlegte, bei dem die
Zulagen-Gespanne Mühe hatten, den Kontakt zum Flüchtlings-Trio herzustellen, zu
dem noch Maxi Cup und Jack Scott zählten. Tatsächlich gelang dies ab 700 Meter
vorm Ziel erst dem 2019er Sieger Laurel Park, der dennoch nur auf Platz fünf
landete. Besser hielt sein Schatten, der in Frankreich über solche Distanzen
gestählte Crown Wood durch, doch auch der hatte gegen die Erstbändler nichts zu
melden. Nach Hause kam Edens Boy nicht: Da waren Rudi Haller und der enorm zupackende Jack Scott vor, die dem
schwedischen Holländer für 189:10 verblüffend glatt den (ersten) Rang abliefen.
Gut
los ging der sonnenüberflutete Sommerabend für das in den letzten Wochen ein
wenig gebeutelte Quartier von Robert Gramüller und Josef Sparber. Ihr Orlando Attack war in der im Rennbahn-Jargon
als „Hammelklasse“ bezeichneten Prüfung für die Gewinnärmsten mit Thorsten Tietz eine Macht, regelte
vorneweg alles souverän und ließ dem 18:10-Favoriten Benitho nicht den Hauch
einer Umsturzchance.
Und
es ging gleich prima weiter für die bayerische Trainergemeinschaft mit den
Berliner Vollstreckern, denn Sarah Kube stand in Lauf 1 für die Amateure des Kombi-Pokals
ihrem Lebensgefährten Thorsten Tietz nicht nach. Iron Creek, der zuletzt
einige Federn hatte lassen müssen, verpasste sie ein Rennen aus der Deckung,
was dem flinken Fuchs bestens schmeckte. Leichtfüßig zog er seine Besitzerin,
die nicht mal einen Steinwurf von der Derby-Bahn entfernt aufgewachsen ist, zu
ihrem 300. Sieg in Sattel und Sulky. Ein zweiter Erfolg war den Beiden in Lauf 2, nunmehr gegen die zweibeinigen
Profis, nicht vergönnt, denn in der Hand des Goldhelms benahm sich Favori de la Basle deutlich
zivilisierter als in jener von Amateur-Meister Thomas Maaßen, der den Franzosen
im ersten Test gar nicht erst ans Startauto bekommen hatte. Michael Nimczyk wurde nach 500 Metern
von Nordic Jaycee auf die Spitzenposition durchgewinkt, was denn auch schon die
ganze Miete sein sollte. Pechvogel Nordic Jaycee hatte auf der Zielgeraden kaum
Luft zum Atmen, geschweige denn aus der Falle zu entschlüpfen, und musste, von
der erneut prächtig durchziehenden Let’s Twist a Lot und Thatcher um
Haaresbreite abgefangen, mit Rang vier vorliebnehmen.
Von
hinten baute Victor Gentz Othello PS das Rennen auf. Der kleine
Dunkelbraune wurde auf den letzten 600 Metern immer stärker und rang Russel
nieder, der sich mit viel Mumm von der Spitze versucht hatte. Für Gentz war’s
der erste Treffer des laufenden Meetings, für Othello der erste seiner elf
Auftritte umfassenden Laufbahn. Ist der Bock umgestoßen, geht’s oft gleich
munter weiter - das hatte tags zuvor Kay Werner vorexerziert. Das Rennen der
Oldies holte sich der Start-Ziel die Kommandos gebende Gerd Biendl, der mit dem von Victor Gentz vorbereiteten Workaholic Diamant niemand geringeren
als Heinz Wewering abblitzen ließ und dem den 16.925. Treffer vermasselte.
Jochen Holzschuhs Glanzform hielt an.
Der zu ihm zurückgekehrte Blitzstarter Julnick
Shark stürmte wie ein Wirbelwind sofort in Front, schläferte die hinter ihm
aufgereihten Rivalen ein und hielt in der rassigen Endphase, die Purple Rain
wegen einer Galoppade nicht miterlebte, Ovation L.A. und Kantadou auf Distanz.
Bei
den Amateuren war der aufstrebende
Niederländer Willem Hendriks gegen
Favorit Klaus Hazelaar immer in der Vorhand und setzte mit Hind Beuckenswyk seinen ersten Mariendorfer Treffer. Emma Stolle revanchierte sich in einem
weiteren Wertungslauf für die Hobbyfahrer, machte mit ihrem Dan CG die miese Startnummer „10“ mit
einem harschen Überfall vor den Tribünen wett und war 1.00 Meter vorm Ziel
vorn. Wer gedacht hatte, die schneidige Amazone habe ihrem Wallach damit zu
viel zugemutet, wurde gründlich korrigiert: Auf den finalen 500 Metern wurde
der Igor-Font-Sohn immer munterer, bescherte seiner couragierten Fahrerin den
zwölften Sieg ihrer erst vor etwas mehr als einem Jahr begonnenen Karriere und
ein dickes Trostpflaster für den gestrigen Ausfall mit ihrem Bruno Font CG.
Kurios:
Fest in holländischer Hand war ein Lauf
zur deutschen Nachwuchsmeisterschaft: Finn Verkaik knöpfte mit Favoritin
Quelle Fleur nach 600 Metern Marciano
Haubers Jenna Transs R das
Kommando ab - und wurde eine Runde später von der von allen Eisen befreiten
Schwarzbraunen sicher ausgekontert. Durch Kentuckie Kite und Thomas Bos ging
auch Platz drei an „Oranje“.
Zum
Abschluss durften sich die Franzosen-Traber über 2.500 Meter austoben. Zum
zweiten Mal in diesem Meeting behielt Fan
d’Arifant, dem Rudi Haller ein Traumrennen im Rücken des
gepriesenen und letztlich als Fünfter anschlagenden Confidential Bond
verpasste, die Oberhand über den wie vor zwei Wochen 20 Meter besser gestellten
Expandable Hope, der sich so leicht nicht unterbuttern ließ von einem der
besten in Deutschland aktiven „Trotteur français“. Trotz dieses
Favoriten-Treffers wurde die V7+-Wette nicht getroffen, so dass ein Jackpot von
14.178,36 Euro in die Königswette des Samstags fließt.
Erleichterung
gab’s beim Blick auf den Wettumsatz.
Vor Jahresfrist hatten die Totokassen im Schnitt der damals 13 Rennen 23.831
Euro zu bewältigen; diesmal waren’s bei jedem der 12 Rennen 24.927 Euro - ein
Plus von rund vier Prozent.
Umsatz bei 12 Rennen: 299.119,84 Euro (incl. 175.589,88 Euro Außenumsatz), davon 27.240,85 Euro in der V7+-Wette