Cindy Truppo geht ihren Weg
Mit Catchfahrer Jörgen Sjunnesson im Sulky beherrscht die Stute die Breeders-Course-Elimination. Bayard triumphiert mit Michael Nimczyk in der Silber-Serie. Der Goldhelm gewinnt noch vier weitere Rennen.
Es sind zwar noch mehr als anderthalb Monate bis zum Auftakt des Derby-Meetings am 21. August – doch die Wartezeit wird in Berlin durch die Austragung einiger hochdotierter Rennen derzeit überaus angenehm und unterhaltsam überbrückt. Am Sonntag stand erneut ein Zehntausender auf dem Programm – und zwar die Breeders-Course-Elimination. Die Prüfung führte eine imposante Siegerin in den Winner-Circle: Nämlich Deutschlands „Traber des Jahres“ Cindy Truppo, in deren Sulky ausnahmsweise nicht ihr durch ein in Italien eingehandeltes Fahrverbot gesperrter ständiger Begleiter Thorsten Tietz saß, sondern der Schwede Jörgen Sjunnesson. Der international renommierte Catchfahrer erledigte seinen Auftrag für die Besitzerfarben von Roger Wittmann und dessen vor Ort anwesenden Partner Thorsten Weck nicht nur völlig unaufgeregt, sondern mit der einfachsten aller Strategien: Sofort nach vorne gehen und keinen mehr vorbeilassen!
Dass der Gruppe-I-Siegerin der Erfolg in eher gemächlichen 14,9/1,900m aber derartig leichtfiel, lag an einem Fauxpas ihres großen Gegenspielers: Der von Robin Bakker gesteuerte und mit einer Quote von 2,6:1 neben Cindy Truppo (1,5:1) hoch gehandelte Love You Too streute nach eher verhaltenem Beginn eine dreiviertel Runde vor dem Ziel einen schweren Fehler ein und schien daraufhin völlig chancenlos zu sein. Der glorreiche Triumphator des diesjährigen ersten Breeders-Course-Finales raffte sich im Anschluss zwar zu einer großartigen Aufholjagd auf und es war unübersehbar, dass der Wallach ebenso wie Cindy Truppo über ein unbändiges Laufvermögen verfügt. Aber sein durch die Galoppade verursachter Rückstand verhinderte das mit Spannung erwartete Duell der Giganten – mehr als Rang drei hinter dem braven Lucky Steel (Dion Tesselaar), der stets im Windschatten von Cindy Truppo an der Innenkante gelegen hatte, war für Love You Too diesmal nicht drin.
Wie schnell man nach einem ungünstigen Verlauf auf die Verliererstraße gerät, musste Robin Bakker nur eine knappe halbe Stunde später auch in der mit 6.000 Euro dotierten Silber-Serie erfahren. Denn für seinen Seriensieger Winnetou Diamant, der in der Außenspur viel tun musste, hingen die Trauben diesmal eindeutig zu hoch und der Wallach landete nur auf dem vierten Platz. Ganz anders präsentierte sich der von Michael Nimczyk gesteuerte Bayard. Der Hengst musste zwar auf den ersten 500 Metern ebenfalls mächtig strampeln, um die Spitze zu ergattern, stand das eingeschlagene hohe Tempo in der Tagesbestzeit von 13,4/1.900m aber eisern durch. Auch der anfänglich führende und danach stets an zweiter Stelle positionierte Virginias Prime (Jörgen Sjunnesson) und der zum Schluss sehr schnell werdende Windspeed (Jochen Holzschuh) verdienten sich exzellente Noten.
Für Michael Nimczyk war dies die Krönung eines überaus gelungenen Nachmittages, denn der amtierende Champion schlug im Rahmenprogramm noch mit vier weiteren Pferden zu. Den Anfang machte der drückend überlegene Maxville. Nach einem Idealverlauf als drittes Pferd innen ging der Vierjährige im Einlauf auf und davon. Der Ready Cash-Sohn musste zwar noch eine Gangartüberprüfung überstehen. Aber sie blieb ohne Konsequenzen und die wenigen falschen Schritte resultierten keinesfalls aus einer konditionellen Schwäche, sondern lediglich aus Maxvilles noch vorhandener Unerfahrenheit. Nur gute 20 Minuten später punktete Michael Nimczyk mit Ito, der seine Stärken ebenfalls auf der Schlusshalben ausspielte und mit einem Vorteil von fünf Längen auftrumpfte. Tagestreffer Nummer drei sprang für den Deutschen Meister dann zur lukrativen Quote von 5,7:1 mit Clear Easy heraus, der sich offensiv von der Spitze aus durchsetzte. Nach dem Triumph von Bayard in der Silber-Serie war es schließlich Man U, dem es nach einem Rennen mit Führpferd vorbehalten blieb, die Bilanz nicht nur für das Nimczyk-Team, sondern auch für die als Besitzerin dreimal erfolgreiche Karin Walter-Mommert abzurunden
Was für ein Vollbomber! Wo liegen überhaupt seine Grenzen? Das fragte sich das Publikum nach dem schier unglaublichen Auftritt von SALTIMORE in der Hand seines Trainers Constantin Vergos. Zweieinhalb Wochen zuvor hatte der Hengst trotz eines schon kurz nach dem Start erlittenen schweren Reifendefekts alle Gegner in Grund und Boden gelaufen und nun gab der vierbeinige Überflieger seine Visitenkarte endlich auch in Mariendorf ab. Hier soll er schon bald – nämlich während des Derby-Meetings – erneut glänzen und eines ist klar: Auf dieses Wiedersehen darf man sich voll und ganz freuen, denn was SALTIMORE gegen gewiss nicht schlechte Konkurrenten zeigte, war von einem anderen Stern. Der Dunkelbraune ging sofort nach vorne, führte das gesamte Rennen mit der halben Bahn und trudelte bei seinem Neun-Längen-Sieg so locker aus, als wäre es nur ein gemütliches Aufwärmen gewesen.
Derzeit vergeht kaum ein Renntag ohne eine Glanztat von Jochen Holzschuh. Diesmal punktete er sogar doppelt. Der Profi hält sein Lot wirklich ausgezeichnet in Schwung und führte zunächst Farlington auf die Ehrenrunde. Auf der 3.200-Meter-Marathonstrecke kam Holzschuh allerdings noch mächtig ins Schwitzen, denn auf den letzten Metern wurden Farlingtons Beine sichtlich müde und der Fuchswallach rettete sich gerade noch so über die Linie. Deutlich souveräner fiel anderthalb Stunden später der Triumph von Captain Olaf für die Farben von Nico und Tony Böker aus. Der Dunkelbraune übernahm im ersten Bogen das Kommando und gewann völlig ungefährdet: Das war zwar keine allzu große Überraschung – den mit viel Speed auf den Ehrenrang stürmenden 75,8-Riesenaußenseiter Drachenblut (Birgit Riese-Hagen) hatte dagegen kaum jemand auf dem Schein und er sorgte für einen Viererwetten-Jackpot.
Die Amateure traten zweimal an: Zunächst setzte sich André Pögel mit dem eine Runde vor dem Ziel in die Angriffsspur beorderten Iron Polly durch. Manuela Sorglers Wallach gab auf der Gegenseite richtig Gas und lag bereits im Schlussbogen überlegen in Führung. Derartig einsam voraus musste der 1,3-Topfavorit von seinem Fahrer zwar etwas wachgehalten werden, baute den Vorsprung aber sogar bis zum Zielpfosten noch weiter aus. Auch der zweite Sieger – der von Sarah Kube gesteuerte Paris Turf – war eine Klasse für sich. Der Achtjährige sprintete sofort nach vorne und ließ keinem seiner Gegner auch nur den Hauch einer Chance. „Es ist wirklich ein Traum, mit solch einem Pferd starten zu dürfen“, strahlte die Amazone bei der anschließenden Siegerehrung. „Paris Turf ist völlig unkompliziert und lässt sich steuern wie ein Auto!“
Bei der Veranstaltung wurde im Gedenken an den wenige Tage zuvor verstorbenen Trabertrainer Norbert Hegewald eine Schweigeminute eingelegt. Der Sportler, der am 6. Juni seinen 62. Geburtstag gefeiert hatte und auf den Bahnen in Mariendorf und Karlshorst für insgesamt 490 Siege seiner vierbeinigen Schützlinge verantwortlich war, musste zwar vor einiger Zeit eine schwere Herzoperation über sich ergehen lassen – dennoch kam sein Tod völlig überraschend. Neben Norbert Hegewalds Familie und allen Freunden ist natürlich auch seine ehemalige Mitarbeiterin Ines Kubatzki, die einen Großteil ihrer 197 Sulkyerfolge mit Pferden aus dem Stall von Norbert Hegewald erzielt hat, sehr betroffen: Sie sagt: „Norbert war stets offen für alles und hatte immer einen Scherz auf den Lippen. Er war ein sehr warmherziger Mensch und alle, die ihn kannten, werden ihn vermissen.“
Gesamtumsatz: 163.430,52 Euro – Bahnumsatz: 114.253,82 Euro – Außenumsatz: Euro.