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    Favoritensiege und Überraschungen

    Vorläufe zum trotto.de 129. Deutschen Traber-Derby: Drei Buben und eine Lady – Trogirs perfekte Probe fürs Schweden-Derby – Charlie-Mills-Memorial: Carloforte Font bärenstark – Orkan Bo stürmt zu Silber

    (MW)  Da war er wieder, der fast schon unheimliche Pakt der Südberliner mit dem Wettergott. Während er noch nächtens und am frühen Vormittag die Piste ordentlich gewässert hatte, lugte zum Auftakt um 12.00 Uhr schon wieder vorsichtig die Sonne über den Wolken hervor, und es blieb bis zum guten Ende der 14-Rennen-Karte trocken und sonnig. Wie am Vortag hatten die Hobbyfahrer das erste Vergnügen und begannen im Derby-Pokal der Amateure mit einer gelinden Überraschung. Nicht 10:10-Favoritin Tracy, die 150 Meter vorm Ziel beim finalen Umsturzversuch sprang, sondern der ratzfatz in Front gepreschte Pergamon S mit Besitzerin und Trainerin Katharina Kramer zogen für 9,4fache Odds als Erste in den Winner Circle ein.

     

    Gigantischer „Waffenbruder“

     

    Im Mittelpunkt standen die vier Vorläufe für das zum 129. Mal anstehende deutsche Traber-Derby, für das sich 27 Hengste und Wallache und eine Lady ins Geschirr legten. Das Adbell-Toddington-Rennen hatte er am Start verpatzt, im Buddenbrock-Rennen blieb er als Vierter deutlich unter den Erwartungen - in Vorlauf 1 zeigte Nelson Newport glasklar, warum er als Bayerns größte Derby-Hoffnung gilt. Von ganz außen legte Christoph Schwarz mit dem Sieger des Großer Preis von Bayern los wie die Feuerwehr und durfte nach 600 Metern von Goldfinger die Spitze übernehmen. Fortan gab’s keine wirkliche Opposition mehr gegen den Gramüller-Schützling - selbst nicht vom gesetzten Remember me, der Startplatz „1“ wenig zu nutzen verstand und sich nach einer Runde auf den beschwerlichen Vormarsch machte. Kippen konnte der Adamas-Traber den souveränen Nelson Newport nicht mehr, wobei ihm Joakim Lövgren in Anbetracht des nächsten „Riesen“ in 14 Tagen nicht alles abforderte. Deutlich zurück ergatterte See You aus dem Rücken Remember mes das dritte Endlauf-Billet.

     

    Wer noch an der Stellung als Derby-Favorit des kürzlich für deutsche Interessen erworbenen und zu den Nimczyks gewechselten Brothers in Arms gezweifelt hatte, wurde in Qualifier 2 mit einem gewaltigen Paukenschlag eines Besseren belehrt. Und das, obwohl das Rennen anders lief als von Michael Nimczyk erwartet. Der Goldhelm wollte den in vielen harten Vincenner Schlachten gestählten Fabulous-Wood-Sohn „mal von vorn ausprobieren, aber gegen die  krachenden Eintreter wollte ich ihn dann doch nicht Kopf stellen.“ Aus zweiter Position außen hinter Ewangel schaute er sich das muntere Treiben, das Toledo vor Gustav Lynx inszenierte, eine Runde lang an. 700 Meter vorm Pfosten nach außen beordert, trat er an und ließ die Gegnerschaft stehen wie Slalomstangen. Seine Gala schloss er in bombastischen 1:11,9 4½ Längen vor Ewangel und Gustav Lynx ab, die nach Lage der heutigen Dinge in 14 Tagen im Derby-Finale wieder nur seine Hacken sehen werden.

     

    Dass er sich nicht allzu sicher fühlen darf, dafür sorgte in Vorlauf 3 fast in einer Eins-zu-Eins-Kopie die gesetzte Nortolanda, die sich als einzige Lady gegen die „Buben“ wagte. Auch Michel Rothengatter ließ die etwas anders als im höchst unglücklich verlaufenen Buddenbrock-Rennen zurecht gemachte Bird-Parker-Stute ruhig beginnen. Großer Unterschied: Schon in der langsamen Phase vorm Publikum ließ er sie von der Leine, bekam von Cincinnati Beach S 1.100 Meter vorm Ziel den Staffelstab geschenkt und stiebte los, dass der Rest ihre Hufe nur mehr aus gehöriger Ferne sah. Keinen Augenblick locker ließ die Braune und warf den Herren in 1:13,2 den Fehdehandschuh hin. Navajo MH dankte die innere Schonzeit mit einem tollen Sprint ganz weit außen zu Platz zwei knapp vor Tonga und King Hazelaar, während dem stark angesungenen Cincinnati Beach S nur Platz sechs blieb.

     

    Allein in der 4. Elimination machte das gesetzte Pferd den Experten einen dicken Strich durch ihre Setzliste und sorgte damit für eine riesige Überraschung: Ausgerechnet Robin Bakker und Paul Hagoort, die dem deutschen Derby in den letzten 15 Jahren ihren Stempel aufgedrückt haben, werden in der 129. Auflage nicht vertreten sein. Dem erstmals mit Zug-Zäumung und Zugwatte ausstaffierten Zoom Diamant, als Adbell-Toddington- und Buddenbrock-Sieger auf der Pirsch zur dreifachen Krone, ging nach hohem Tempo und vielen Positionswechseln im Einlauf in jenem Maße die Luft aus, wie der als äußeres Schlusslicht untergetauchte Photobox tief Luft holte und mit dem selbst sehr überraschten Michael Nimczyk das Match als 316:10-Longshot - eine solche Quote bekommt man auf den Dauer-Goldhelm in Deutschland höchst selten - mit einem irren Speedwirbel ganz weit außen gegen den unterwegs vor ihm liegenden Ois Tschikago aus dem Feuer riss. Den letzten Endlauf-Platz sicherte sich Noah Newport vor Tailor Hill und dem schwer enttäuschenden Zoom Diamant. Mit 1:12,8 stellte das Team Nimczyk, das insgesamt vier der 14 Sieger anspannte, nach Brothers in Arms auch den zweitschnellsten Vorlaufsieger.

     

    Auf gutem Weg zum Svenskt Trav-Derby

     

    Das Gerhard Krüger, dem 2017 im Alter von 92 Jahren verstorbenen Berliner Jungen, der im Trabrennsport eine Weltkarriere hingelegt und sich in Rom ein kleines Imperium aufgebaut hat, gewidmete Memorial wurde zur Demonstration Trogirs, der Michael Nimczyks Goldhelm das erste Mal an diesem Sonntag hell erstrahlen ließ. Eher behutsam ins Rennen gebracht, knöpfte er nach 500 Metern Karin Hazelaar die Führung ab und trabte fortan in seiner eigenen Liga. Der elfte Sieg aus 14 Versuchen war in 1:12,8 eine echte Bewerbung fürs Svenskt Travderby, das der gebürtige Lasbeker mit schwedischem Pass demnächst in Angriff nehmen soll.

     

    „Karl der Starke“ mit eiserner Faust

     

    Eines weiteren Großen der deutschen, ja weltweiten Traberszene wird seit dessen Todesjahr 1972 mit dem Charlie-Mills-Memorial gedacht, das sich ganz im Sinne des Mannes mit der Zigarre an gestandene internationale Recken richtet. Die 10.000 Euro für Platz eins wurden eine unerwartet leichte Beute Carloforte Fonts, der seinem „Vornamen“ alle Ehre machte. Mit dem Dominator des 2023er Super Trot Cups wollte Jaap van Rijn unbedingt ins Kommando und durfte das nach feurigen 400 Metern, als ihn Isla vorbeiließ. Damit hatte er zugleich Titelverteidiger Bayards Griff nach dem Führungsstab vereitelt, der nach einer Runde erster Angreifer war, aber an dem Italiener trotz großen Kampfgeists nicht vorbeikam. Während Sangria Pellini weit über den Erwartungen aus der inneren Deckung zu Platz drei spritzte, blieb nach 1.500 Kilometern Anreise aus Mittelschweden Y Not Diamant ausnahmsweise blass und kam nie vom letzten Platz weg.

     

    Orkan Bo stürmt im Speed zum Sieg

     

    Das Finale der seit dem 16. März in Mariendorf ausgetragenen Silberserie mündete nach langer Führung des letztlich drittplatzieren Frankreich-Heimkehrers Lozano in einem begeisternden Foto-Finish, das den mit Marciano Hauber tapfer durch die Todesspur pflügenden Orkan Bo hauchdünn als Sieger vor seinem ständigen Schatten Honey Bear auswies. Der kassierte nach vier Treffern am Stück mal wieder eine Niederlage, die aller Ehren wert war. Mit der Tagesbestzeit von 1:11,8 verbesserten die beiden Duellanten ihre Rekorde um 0,8 Sekunden und wurden um 8.800 bzw. 4.800 Euro reicher.

     

    Runde eins eines Kombi-Pokals war den Monté-Spezialisten vorbehalten und wurde eine glasklare Sache fürs neue Monté-Dreamteam Heavenly Dreamgirl und Marlene Matzky. Von der „8“ fegten sie wie ein Tornado vor Grahish Cash an die Spitze und blieben dort bis zum überlegenen sechsten Monté-Sieg an der Strippe, was den V5-Wettern zum Auftakt bei 14:10 ein geruhsames Kissen verschaffte. Im 2. Lauf drehte Grahish Cash den Spieß dank einer cleveren Fuhre Martin Geineders um. Der Däne flitzte wie von der Tarantel gestochen in Front, übergab den Staffelstab im ersten Bogen an den im Einlauf komplett abbauenden Nobel Steel und setzte aus dessen Windschatten einen Konter, der sich gewaschen hatte. Leicht und locker war der Wallach schon auf der sicheren Seite, als Heavenly Dreamgirl aus strengster Defensive weit außen Flügel zu bekommen schien, auf den Ehrenplatz sprintete und die geringen Erwartungen ihres Stalles um Welten übertraf.

     

    Im mit 14 Gespanne proppenvoll besetzten Handicap de Luxe I durfte sich „Flüsterfavorit“ Neuf du Pape 1.700 Meter lang in bestechender Manier in Front austoben. Dann gab Gerhard Mayr der fürstlich aus dem Hambletonian-Sieger Trixton und der Millionärin Linda di Casei gezüchteten Latina di Baia S aus dem vorderen Mittelfeld den Laufpass und zog ihm damit derart das Fell über die Ohren, dass er drei weitere Gespanne passieren ließ und auf Platz fünf landete.

     

    Die gleiche Anzahl nahm „Luxus-Handicap II“ in Angriff, in dem die mit der „14“ ohnehin nicht gesegnete You can do in der turbulenten Startphase mit vielen springenden Klippen aus dem Tritt kam und am Ende Platz nahm. Catchdriver Thomas Panschow scheute sich nicht, sie in dritter Spur hinter Lohringel herzuschicken und band den Sack gegen den sofort die Schlagzahl vorgebenden Lord Greenwood verblüffend leicht zu.

     

    Einmal in Schwung, legte Panschow im aus drei Bändern gestarteten Cup der Franzosen-Traber nach. Mit Favorit Eckmuhl Jack machte er die 40 Meter Zulage zügig wett, ließ sich auf keine taktischen Spielereien ein, klemmte sich mit dem Fuchs resolut für die letzten 1.000 Meter in Front und bot dem Rest nicht die geringste Angriffsfläche. Überlegen kreuzte der Wallach zum dritten Mal in Folge die Linie als Erster. Die letzte Siegerschleife wanderte in der Hotel-Rösslhof-Trophy für die Gewinnärmsten ins Gestüt Lasbek. Zum Renndebüt verpasste Josef Franzl der Propulsion-Tochter Ursinia ein Maßrennen im zweiten Paar außen, aus dem die Dreijährige die lange fürs Tempo verantwortliche Fabulous Girl locker von der Planche fegte.

     

    Der letzte Blick gilt dem Umsatz. Pro Rennen fiel er von 25.449 Euro im Vorjahr auf 23.795 Euro - ein Minus von rund 6,5 Prozent, das fast ausschließlich zu Lasten der Außenwetten ging.

     

    Umsatz bei 14 Rennen: 333.125,28 Euro (incl. 206.767,78 Euro Außenwette), davon 24.644,60 Euro in der V7+-Wette (2023: bei 14 Rennen 356.282,23  Euro (incl. 228.387,18 Euro Außenwette) / 24.199,- Euro in der V7+-Wette)


    Unser Terminhinweis: Am Donnerstag, dem 8. August findet die Starterangabe für die beiden Mariendorfer Derby-Renntage am 15. und 16. August statt. Sie können die Starterangabe online auf www.rennbahn-berlin.de vornehmen. Sie erreichen das Mariendorfer Rennsekretariat außerdem unter der Rufnummer 030-7401229 bzw. per Mail an starterangabe@rennbahn-berlin.de. Bitte vergessen Sie nicht die Angabe des Hufbeschlags!